Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Im frühen Stadium behandeln“
Eine Kooperation von TLZ und Zentralklinik Bad Berka Der Gesundheitspodcast heute zu „dicken, schweren Beinen“
Bad Berka. Im Sommer leiden viele Menschen, besonders Frauen, unter „dicken, schweren Beinen“. Reginald Weiß, Chefarzt der Klinik für Angiologie an der Zentralklinik Bad Berka, über Vorbeugung, Diagnose und Therapien.
Dicke, schwere Beine haben verschiedene Ursachen, es können die Venen, das Herz, aber auch Stoffwechselerkrankungen sein – was ist die gefährlichste Ursache?
Dicke schwere Beine sind ein Symptom. Man muss die Ursache finden. Es gibt die generalisierte Form der Flüssigkeitsansammlung, das betrifft Patienten mit Herz-, Nierenoder auch Leberinsuffizienz. Es gibt natürlich auch endokrinologische Ursachen, bei manchen Patienten sind bestimmte Medikamente schuld. Klassisch sind auch schwere Beine in der Schwangerschaft. Die zweite Gruppe sind regionale Ödeme. Und dann gibt es noch vaskuläre Ödeme.
Gilt auch bei schweren Beinen die LL-Regel, also lieber Liegen und Laufen statt Sitzen oder Stehen?
Ja, das ist immer noch so. Bewegung spielt bei der Therapie eine große Rolle, man muss die Muskelvenenpumpe anregen und das Wasser mit der Venenpumpe abtransportieren.
Helfen da Stützstrümpfe?
Richtige Kompressionsstrümpfe, die vom Arzt verschrieben werden, sind das Mittel der Wahl, in Kombination mit Bewegungstherapie.
Sind Frauen häufiger betroffen?
Ja, das ist keine gute Nachricht. Die Ödemhäufigkeit ist bei Frauen höher. Das liegt zum einen an der Verteilung des Fettgewebes – Frauen haben hier einen höheren Anteil. Bei der Muskelmasse dagegen liegen Männer vorn. Hinzukommen hormonelle Gegebenheiten. Das Lipödem beispielsweise kommt fast nur bei Frauen vor. 99 Prozent der Betroffenen sind weiblich. Beim Phlebödem, also einer Stauung im Venenbereich, sind die Geschlechter paritätisch verteilt. Auch bei Krampfadern sind Frauen öfter betroffen als Männer.
Wie stellen Sie die Diagnose?
Es gibt viele Untersuchungsmöglichkeiten, um die Ödemformen zu differenzieren. Erfahrene Ärzte können sehr schnell eingruppieren. Nach der klinischen Untersuchung gibt es noch eine Vielzahl von besonderen Diagnostiken wie LichtReflex, Dopplersonografie, DuplexSonografie und weitere Bildgebungsverfahren, zum Beispiel die Angiographie, Lymphszintigrafie.
Wie werden Lympherkrankungen behandelt?
Der Patient muss selbst aktiv werden und erhält spezielle Übungen zum Trainieren. Das Tragen von Kompressionsstrümpfen und auch Lymphdrainage, ob manuell oder im Lymphomaten, helfen ganz klassisch weiter.
Was kann passieren, wenn man seine schweren Beine nicht behandeln lässt?
Im schlimmsten Fall entwickeln sich solche Schwellungen, die chronische Geschwüre bilden und dann sehr schlecht zu behandeln sind. Es gibt keinen Grund, 20 Jahre lang mit offenen Beinen leben zu müssen.
Vorbeugend schwören viele auf bewährte Heilmittel aus Weinlaub oder Rosskastanienextrakt?
Selbstmedikation ist generell nicht so gut. Die genannten Substanzen sind in ihrer Funktionalität nur in geringer Weise belegt.
Und eine Diät für gesunde Beine?
Leider gibt es sie nicht. Eine gesunde Lebensweise gehört dazu, auch adäquat kalorisch, denn Übergewicht befördert die Erkrankungen.
Interview: Anke Geyer
Den gesamten Podcast hören Sie im Internet unter https://fz-a.de/podcast-weiss.mp3 und auf www.tlz.de/freche-fragen