Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Zu Weimar kann man nicht Nein sagen“
Vor 30 Jahren Klaus Büttner tritt sein Amt als Oberbürgermeister in Weimar an. Umwelt, Kultur und Wirtschaft sind seine zentralen Themen
Weimar. Am 1. August 1990 tritt Klaus Büttner sein Amt als Oberbürgermeister an. In Weimar. Als Westdeutscher.
Nirgendwo sonst hätte er sich für diese Aufgabe gewinnen lassen, sagt er 30 Jahre später. Er lebt längst wieder in der Stadt, an deren Spitze er damals nur vier Jahre steht. Bei der Wahl 1994 fehlen ihm ein paar Prozent. Sein Nachfolger sieht sich Mitte der 1990er Jahre einem Berg von Schulden gegenüber: Die Rede ist von 400 Millionen D-Mark. Das Städtchen, urteilt Horst Krautter, der Stuttgarter Experte für Kommunalfinanzen, Anfang 1995, stecke „in der prekärsten Finanzsituation, in der sich, nach unserer Kenntnis, je eine Stadt seit Bestehen der Bundesrepublik befunden hat“. Büttner dagegen verweist darauf, dass, auf Jahrzehnte betrachtet, seine Pläne aufgegangen sind – vom neuen Krankenhaus über Wirtschaftsansiedlungen im Norden der Stadt bis hin zur Kulturstadt ‘99, die Weimar am Ende jenes aufregenden Jahrzehnts in den Fokus Europas rückt.
Büttner ist nicht der einzige Bürgermeister im Osten, der bei der 94er Wahl für die schwierige Lage abgestraft wird: Viele Menschen sind arbeitslos und bitter enttäuscht. Die versprochenen „blühenden Landschaften“sind nicht zu erkennen. So trifft der Unmut auch manchen Einheimischen, der sich 1990 bei den ersten freien Kommunalwahlen hat in die Pflicht nehmen lassen. Büttner ist zudem der Wessi in Weimar…
Mit dem Abstand von 30 Jahren sagt Büttner bei Blick auf das, was damals anstößt, nicht „ich“, sondern „wir“. Er verweist darauf, dass es zu seiner Wahl 1990 kommt, weil seine Vorgänger nach kürzester Zeit aufgibt. Und er macht deutlich, dass ihm die Aufgabe an der Ilm eine Herzensangelegenheit ist: „Zu Weimar kann man nicht Nein sagen“, erklärt er damals seiner Frau Lisa, als er von dem Ruf aus Weimar erfährt. Sie ist Expertin für Haushaltsfragen in Bonn – und mittlerweile verstorben. Und Büttner kennt sich mit dem deutsch-deutschen Recht aus, weil er zuvor in Bonn an solchen Rechtsfragen gearbeitet hat. Nach der friedlichen Revolution geht er mit der West-CDU auf Wahlkampf, kommt dabei auch nach Weimar. Zuvor ist er vor allem von seinem Heimatort Fulda aus immer wieder bei Freunden in Nordhausen und Eisenach zu Besuch. 1980 will ihn die Stasi werben. Der Jurist durchschaut den Schachzug und meldet das dem Verfassungsschutz.
Büttner räumt auf: Gleich an seinem ersten Tag im Amt kommt von ihm die Anweisung, dass der Marktplatz bis zum Goethegeburtstag am 28. August von Baumaterialien beräumt sein muss. Er schaut sich die Personalakten an: dünne gefledderte und solche, die komplett sind. Sein zentrales Thema: Umweltpolitik. Er weiß, wie Weimar im Winter nach Braunkohle stinkt, wie der Atem stockt und der Rauch zwischen den Häusern steht. Ölheizungen müssen her. Der Gasanschluss wird vorangetrieben. Das Auskippen von Braunkohle auf Bürgersteigen wird verboten.
Büttner will vieles – und zwar schnell. Die Kulturstadt-Idee, die an ihn herangetragen wird, nimmt er auf – und schafft es, dass Weimar für 1999 den Zuschlag erhält. Das Erinnern in Buchenwald ist ein wichtiges Thema für ihn: Das Leiden der Juden soll dort nicht länger marginalisiert werden. Ein altes Foto zeigt, wie Freunde der Palästinenser und eine Abordnung der deutsch-israelischen Gesellschaft Seit’ an Seit’ auf dem Marktplatz stehen und für eine offene Welt werben.
Büttner ist im Mai 1949 geboren – und damit fast auf den Tag so alt wie die Bundesrepublik.
„Die Stadt war mir durch meine vielen Reisen zu DDR-Zeiten bereits bekannt.
“Klaus Büttner Zum 1. August 1990 tritt der gebürtige Fuldaer das Amt als Oberbürgermeister in Weimar an