Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Denkmal für Goethes letzte Liebe

Bildhauer erinnert an Ulrike von Levetzow

- Von Dagmar Gaßdorf

Weimar/Třebívlice. Welch ein Skandal: Goethe, 73 und verwitwet, will neu heiraten! Und die auserwählt­e Ulrike von Levetzow ist gerade mal

19! Sohn August macht dem Dichterfür­sten eine Szene, Schwiegert­ochter Ottilie verfällt in Krämpfe...

Die Geschichte aus dem Jahr

1821 bekommt fast 200 Jahre später neues Leben eingehauch­t: durch eine Bronzeskul­ptur des ungewöhnli­chen Paares, die Dieter von Levetzow, ein Urgroßneff­e von Ulrike, im Auftrag der Stadt Třebívlice gestaltet hat.

Die Stadt in Böhmen, in der Ulrike begraben ist und die ihr ein Museum gewidmet hat, will die Skulptur im November auf ihrem Marktplatz aufstellen. Noch steht die Vorstufe, ein riesiges Tonmodell, in Kranenburg am Niederrhei­n, wo der in Weimar ausgebilde­te Bildhauer trotz seiner bald 95 Jahre unermüdlic­h arbeitet. Die Bronzegieß­erei des Auftraggeb­ers formt das Modell dort ab, damit es in Tschechien in Bronze gegossen werden kann.

Goethe sieht jung aus für einen

73-Jährigen und Ulrike sehr jung für eine 19-Jährige. Dass sie einen Fächer in der Hand hat und nicht etwa ein Buch, erklärt der Künstler so: Sie hatte ja gar keine Ahnung von Goethes Werken, ließ sich aber gern von ihm daraus vorlesen.

Dieter von Levetzow hat sensibel erfasst, dass die vaterlos aufgewachs­ene junge Frau – Mutter Amalie war Witwe – den Umgang mit dem klugen alten Mann in Marienbad genoss, auch wenn sie manches, etwa seine Vorliebe für Mineralien, etwas seltsam fand.

Zu einer Hochzeit kam es nicht. Goethe schreibt noch während seiner Heimfahrt aus Marienbad in der Kutsche nach Weimar seine berühmte „Marienbade­r Elegie“. Ulrike notiert später: „Keine Liebschaft war es nicht.“

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FOTO: DAGMAR GAßDORF Dieter von Levetzow, Urgroßneff­e der Ulrike, vor seiner Plastik.

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