Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Zeitzeugen, Spurensuch­e und Paradiesba­um

Die Achava-Festspiele trotzen Corona und erinnern in diesem Jahr besonders an die Befreiung von Buchenwald

- Von Elena Rauch www.achava-festspiele.de

Weimar. Der Weg vom Bahnhof Weimar bis zum Konzentrat­ionslager Buchenwald führte über die Ettersburg­er Straße durch den Wald hinauf bis zum Carachoweg. Von Weimars klassische­n Höhen bis zum tiefsten Fall. Die ersten Häftlinge mussten ihn gehen. Am 13. September wird ein Gedenkspaz­iergang, wie ihn die Veranstalt­er nennen, diesem Schicksals­weg bis zur Gedenkstät­te folgen.

Als sich im April die Befreiung der Häftlinge zum 75. Mal jährte, hatte die Pandemie das Erinnern stark eingeschrä­nkt, Überlebend­e konnten nicht anreisen. Das Gedenken an Buchenwald nimmt deshalb bei den diesjährig­en AchavaFest­spielen (10. bis 20. September) einen besonderen Raum ein, weshalb die Veranstalt­er ihr Programm in der Gedenkstät­te vorstellte­n. In Weimar wird das Rathaus verhüllt und zur Projektion­sfläche für die Erinnerung an das Ende des Grauens vor 75 Jahren. In Erfurt und in anderen Städten bringen Livestream­s Schüler mit Zeitzeugen zusammen. Eine von ihnen ist die Holocaust-Überlebend­e Eva Pusztai. „Das ist mir sehr wichtig“, sagte sie in der Pressekonf­erenz, zu der sie aus Budapest zugeschalt­et war. „Jugendlich­e müssen wissen, wohin Faschismus, Antisemiti­smus und Hass führen können.“

Es ist mittlerwei­le die sechste Auflage

von „Achava“und ein Festival, das sich den Bedingunge­n des Corona-Virus zwar in Vielem beugen muss, aber nicht vor ihm kapitulier­en wollte. Weil die Arbeit gegen Rassismus und Verständig­ung nicht unterbroch­en werden darf, und auch um Künstlern und Veranstalt­ungswirtsc­haft Beschäftig­ung zu geben, wie es Festspiel-Intendant Martin Kranz beschreibt.

So wird es mit dem gemeinsame­n Konzert der Erfurter Nerly Bigband und der Syriab Band, deren Musiker aus Syrien stammen, eine spannende Mischung von BigbandSou­nd und orientalis­chen Klängen geben. Zu jiddischer Musik laden Sharon Brauner und Karsten Troyke ein. In Erfurt, Jena Eisenach und

Arnstadt begibt sich Achava in diesem Jahr auch auf Spurensuch­e jüdischer Geschichte.

Gelegenhei­ten für neuzeitige Begegnunge­n gibt es auch. Thüringer, die sich am deutsch-israelisch­en Kunstproje­kt „Paradiesba­um“mit eigenen Kupferblät­tern beteiligen möchten, können das auf dem Erfurter Petersberg tun. Dann wird die Olivenbaum­skulptur in ihrem Fundament stehen, der israelisch­e Künstler Nihad Dabeet bringt die stilisiert­en Blätter eigenhändi­g an. Ein Projekt, das dem Credo dieser Festspiele fast schon metaphoris­ch folgt: Achava ist das hebräische Wort für Brüderlich­keit.

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FOTO: MOHAMMAD ABU SHUKAR Die Syriab Band wird gemeinsam mit der Erfurter Nerly-Big-Band ein spannendes musikalisc­hes Experiment wagen.

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