Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Wir werden nicht panisch“

Bei den Rollstuhlb­asketballe­rn der Thuringia Bulls weiß man noch nicht so recht, wie es weitergeht

- Von Michael Keller

Elxleben. „Die 80.000 Euro aus der Crowdfundi­ng-Aktion war ein großer Baustein für unser Überleben“. Lutz Leßmann, der Manager der Thuringia Bulls, ist noch immer fassungslo­s ob der riesigen Unterstütz­ung, die die Rollstuhlb­asketballe­r von ihren Fans im „Duell der Unschlagba­ren“erfahren haben. „Aber wir sind noch nicht durch“, fügt „Lesse“an.

Gemeint ist das FitIn in Elxleben. Es bietet Leßmanns Unternehme­n Reha-Sport-Bildung (RSB) das Dach für die Arbeit mit Behinderte­n. 200 Filialen hat RSB bundesweit. Und bei allen laufen die Kosten weiter, während die Einnahmen entweder ganz ausfielen oder jetzt nur noch einen Bruchteil einspielen. Er habe immer noch gestundete Mietrechnu­ngen zu begleichen, sagt er. Denn den Fitnessstu­dios, unter dessen Dächern RSB arbeitet, stehe das Wasser doch auch bis zum Halse. 45.000 Euro Minus kommen jeden Monat zusammen. „Aber wir sind bis jetzt mit drei blauen Augen davongekom­men“, sagt der BullenMana­ger. Die Rücklagen und die 80.000 Euro hätten das Überleben gesichert. Bis jetzt. Aber irgendwann sei alles aufgebrauc­ht. Ein zweiter Lockdown wäre das Todesurtei­l.

Der Antrag auf Soforthilf­e wurde vom Land abgelehnt. RSB ist zu groß. Nun hofft man, etwas von den sechs Millionen Euro, die die „Initiative Bündnis Teamsport“im Freistaat aufgelegt hat, abzubekomm­en. Nur gebe es bis heute noch keine Formulare, um den Antrag stellen zu können.

Unsicherhe­it allenthalb­en. Da wundert es auch nicht, dass Leßmann und Micha Engel, der Trainer der Thuringia Bulls, verbindlic­he Aussagen zur neuen Saison nicht treffen können. Nur soviel ist sicher. „Für uns sind die zehn Stellen unserer beim RSB angestellt­en Rollstuhlf­ahrer, die mit den Behinderte­n arbeiten, allein das Maß der Dinge“, sagt Leßmann. Das sei das Wichtigste, nicht die Bulls. „Ohne Hilfe durch die Rahmenbedi­ngungen müssen wir beim Rollstuhlb­asketball leider die Tür zuschließe­n“, sagt Leßmann. Etwas Verlässlic­hes könne er gerade nicht sagen. Er gehe aber davon aus, dass im August eine Entscheidu­ng fällt.

Was Leßmann und Engel hingegen wissen, ist, dass sie, wenn es wie erhofft, am 29. September zum

Ligastart der neuen Saison – ob mit oder ohne Zuschauer – kommen sollte, eine schlagkräf­tige Mannschaft auf dem Feld haben. Trotz der Abgänge von Matt Scott, Jake Williams und Teemu Partanen. Partanen geht nach Zwickau in die zweite Liga, weil er es unter seinen gesundheit­lichen Voraussetz­ungen schwer habe, regelmäßig zu trainieren. Bei den beiden Amerikaner­n hat die Corona-Pandemie dazu geführt, dass ihre Wertigkeit­en neu sortiert wurden. Und das könne nicht von Deutschlan­d aus geschehen, da muss man bei den Freunden, der Familie vor Ort sein. „Kann sein“, sagen Leßmann und Engel unisono, „dass beide irgendwann wieder hier aufschlage­n“.

Bis dahin haben die Thuringia Bulls sieben Aktive im Team. Sieben Aktive, die alle schon dabei waren, als die Champions League gewonnen wurde – Jitske Visser, Vahid Assad, Andre Bienek, Karlis Podnieks, Jens Albrecht, Alexandr Halouski. Und der Neue, Hubert Hager. Dazu Roman Wenzel und Sebastian Cleem – zwei Standby-Spieler. „Das reicht, wir haben auch ohne die Abgänge eine Top-Mannschaft“, sagt Micha Engel. „Unsere Spieler sind in der komfortabl­en Lage, neben dem Rollstuhlb­asketball alle ein gesicherte­s Einkommen, entweder durch uns oder ihre Arbeitgebe­r, zur Verfügung zu haben“, sagt Lutz Leßmann. Das ist bei anderen Mannschaft­en ganz anders. Deswegen sei auch die ganze deutsche Rollstuhlb­asketball-Szene in Aufruhr. Leßmann: „Wir dagegen sind in ruhigem Fahrwasser“. Im Gegensatz zu den Konkurrent­en. Hauptrival­e Lahn-Dill zum Beispiel, der auf ein ganz anderes Geschäftsm­odell setzt, dass vor allem auf Zuschauere­innahmen basiert. Und nun wegen Corona große Probleme bekommen hat.

Um die drei Abgänge zu ersetzen, gebe es maximal fünf passende Spieler zur Auswahl, sagen die beiden Bullen-Experten. Was auch am speziellen Punktesyst­em für die Spieler nach dem Grad ihrer Behinderun­g liegt. Aber man habe einen guten Ruf in der Szene und habe diese fünf natürlich schon kontaktier­t. Mit denen könne man aber erst genauer reden, wenn die Rahmenbedi­ngungen in Thüringen stimmen würden.

Bis dahin wird schon zwei Mal die Woche hart im Training im FitIn gearbeitet. „Wir werden nicht panisch“, sagt Leßmann und Engel nickt zustimmend.

 ?? FOTO: MICHAEL KELLER ?? Lutz Leßmann (links) und Michael Engel von den Thuringia Bulls haben trotz schwierige­r Lage ihren Humor nicht verloren.
FOTO: MICHAEL KELLER Lutz Leßmann (links) und Michael Engel von den Thuringia Bulls haben trotz schwierige­r Lage ihren Humor nicht verloren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany