Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Die Rückkehr der Vera Lengsfeld
Ex-Bundestagsabgeordnete will sich für die Werteunion in Thüringen engagieren
Erfurt. Der Mann, der die Werteunion in Thüringen seit 2017 leitete, gibt sich gut gelaunt. Nach ihm und einer Stellvertreterin seien noch etwa 20 andere Christdemokraten aus dem Verein ausgetreten, der die CDU auf den rechten Weg zurückführen will. „Die Zahl der Mitglieder im Land wird bald unter 100 sinken“, sagt Christian Sitter und lacht.
Seit kurzem präsentiert sich der Gothaer Rechtsanwalt als Vorkämpfer gegen eine Radikalisierung in der konservativen Splittergruppe. Der Verein werde inzwischen von „Krawallmachern“dominiert, die „kein gutes Haar an der CDU“ließen, sagte er dem Nachrichtenportal T-Online.
Das entscheidende Indiz für einen Rechtsruck sieht Sitter in der angeblichen Absicht von Vera Lengsfeld, den Vorsitz des Landesverbandes zu übernehmen. Nach der Neuwahl des Landtags strebe sie ein Bündnis mit der AfD an.
Lengsfeld, die aus Sondershausen stammt und seit Langem in Berlin
lebt, hat einen kurvenreichen Weg von der DDR-Bürgerrechtsbewegung über die Grünen zum rechten Rand der CDU genommen. Im Thüringer Landtagswahlkampf warb die vormalige Bundestagsabgeordnete in einer massenhaft verteilten Zeitung obskurer Herkunft für ein „bürgerliches Bündnis“mit der AfD, allerdings ohne deren Landeschef Björn Höcke.
Ein Posten an der Spitze der Werteunion in Thüringen dürfte der Landes-CDU einiges Ungemach bescheren. Doch Vera Lengsfeld dementiert. „Ich strebe definitiv nicht nach dem Landesvorsitz“, sagt sie. Sie wolle einem neuen Vorstand „unterstützend zur Verfügung“stehen. Was die Thüringer AfD angehe, sei klar: „So lange Höcke die Landespartei dominiert, geht mit denen nichts.“
Was stimmt? Seit Tagen zirkuliert ein internes Schreiben der Thüringer Werteunion. Darin wird eine Landesspitze gefordert, die einen „wertkonservativen Politikwechsel“herbeiführt. „Wir fünf möchten uns daher als neuer Vorstand zur
Wahl stellen.“Unter den folgenden Namen steht der von Lengsfeld an erster Stelle.
Landesvize Hans Pistner bestätigt die Authentizität des Papiers – sagt aber auch, dass nicht Lengsfeld für den Vorsitz kandidiere. „Das war nie geplant“, behauptet er. Sowieso habe die Auseinandersetzung mit dem Kurs der Werteunion nichts zu tun. Vielmehr verfolge Sitter „persönliche Feindschaften“und ergehe sich in „Beschimpfungen von Mitgliedern“. Mit seinem Austritt sei der Ex-Landeschef nur der Abwahl zuvorgekommen.
Tatsächlich hatten Sitters Verlautbarungen früher anders geklungen. Kurz nach der Landtagswahl unterzeichnete er einen Brief von Kommunalpolitikern, in dem sie die
CDU aufforderten, auch mit der AfD zu reden. Im Januar organisierte er im Eichsfeld eine Veranstaltung der Werteunion mit HansGeorg Maaßen und schlug den ExVerfassungsschutzchef als Ministerpräsidentenkandidaten vor.
Im Publikum befanden sich mehrere Mitglieder und Funktionäre, einige beteiligten sich an der Diskussion. Am Tisch von Sitter und Maaßen saß auch Lengsfeld. In einer kurzen Rede warb sie für einen CDU-Ministerpräsidenten wie Maaßen, der dann mit „wechselnden Mehrheiten“regieren könne, womit in diese Mehrheitsbildung die AfD automatisch eingeschlossen war.
Heute sagt Sitter, er würde den Brief der Kommunalpolitiker „so nicht noch einmal“unterzeichnen. Ansonsten habe er im Januar Lengsfeld nicht ins Eichsfeld eingeladen. „Es ist doch klar, dass die Werteunion unter dieser Dame noch weiter nach rechts abdriften wird“, sagt er. Ihr Dementi hält er daher für eine durchsichtige Ausrede. „Da wird Sand in die Augen gestreut.“