Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Der Fluch der guten Tat
Das ist der Fluch der guten Tat. Weil während der CoronaPandemie weniger Intensivbetten benötigt wurden als befürchtet, meint jetzt wohl der eine oder andere, dass man sie sich dann ja gleich hätte schenken können. Zumal gerade wenig stationär zu behandelnde Erkrankungen auftreten und freigehaltene Kapazitäten zunehmend überflüssig zu sein scheinen.
Im Frühjahr konnten es gar nicht genug Intensivbetten sein. Da gingen die Bilder aus Italien um die Welt, von Sterbenden auf Krankenhausfluren und Ärzten, die über Leben und Tod entscheiden mussten. Damit das hierzulande nicht passiert, sind auch Krankenhäuser in Vorleistung gegangen. Ermutigt durch Zusagen der Politik und vertrauend auf deren schnelle und unbürokratische Umsetzung.
Deutschland hat die erste Welle gut gemeistert. Das Virus aber ist unberechenbar, niemand weiß, was kommt. Deshalb waren die Entscheidungen richtig, auch die für jedes einzelne zusätzliche Intensivbett. Man kann Kliniken manche geschäftstüchtige Ader unterstellen. Aber dass sie mal eben teure Beatmungsplätze hamstern, weil es ein paar Fördermittel gibt, wäre etwas weit hergeholt. Warum sie jetzt beargwöhnt werden und noch immer auf den Kosten sitzen, wirft Fragen auf.
Zumal andere Länder die Bundesmittel längst weitergegeben haben. In Nordrhein-Westfalen hatten zusätzliche Kapazitäten eine so hohe Priorität, dass das Land die 50.000 Euro vom Bund sogar um weitere 50.000 Euro pro Intensiveinheit aufstockte. Natürlich ist es nicht falsch, bei der Verteilung von Steuermitteln genau hinzusehen. Das Thüringen aber bei den Bundesmitteln den Polizisten gibt, während es selbst jeden beigesteuerten Cent laut Krankenhausgesellschaft in Rechnung stellt, gibt kein gutes Bild ab. Nach Corona ist vor Corona. Man wird einander auch in Zukunft brauchen.