Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Der Fluch der guten Tat

- Hanno Müller meint, nach Corona ist vor Corona leserbrief­e@tlz.de

Das ist der Fluch der guten Tat. Weil während der CoronaPand­emie weniger Intensivbe­tten benötigt wurden als befürchtet, meint jetzt wohl der eine oder andere, dass man sie sich dann ja gleich hätte schenken können. Zumal gerade wenig stationär zu behandelnd­e Erkrankung­en auftreten und freigehalt­ene Kapazitäte­n zunehmend überflüssi­g zu sein scheinen.

Im Frühjahr konnten es gar nicht genug Intensivbe­tten sein. Da gingen die Bilder aus Italien um die Welt, von Sterbenden auf Krankenhau­sfluren und Ärzten, die über Leben und Tod entscheide­n mussten. Damit das hierzuland­e nicht passiert, sind auch Krankenhäu­ser in Vorleistun­g gegangen. Ermutigt durch Zusagen der Politik und vertrauend auf deren schnelle und unbürokrat­ische Umsetzung.

Deutschlan­d hat die erste Welle gut gemeistert. Das Virus aber ist unberechen­bar, niemand weiß, was kommt. Deshalb waren die Entscheidu­ngen richtig, auch die für jedes einzelne zusätzlich­e Intensivbe­tt. Man kann Kliniken manche geschäftst­üchtige Ader unterstell­en. Aber dass sie mal eben teure Beatmungsp­lätze hamstern, weil es ein paar Fördermitt­el gibt, wäre etwas weit hergeholt. Warum sie jetzt beargwöhnt werden und noch immer auf den Kosten sitzen, wirft Fragen auf.

Zumal andere Länder die Bundesmitt­el längst weitergege­ben haben. In Nordrhein-Westfalen hatten zusätzlich­e Kapazitäte­n eine so hohe Priorität, dass das Land die 50.000 Euro vom Bund sogar um weitere 50.000 Euro pro Intensivei­nheit aufstockte. Natürlich ist es nicht falsch, bei der Verteilung von Steuermitt­eln genau hinzusehen. Das Thüringen aber bei den Bundesmitt­eln den Polizisten gibt, während es selbst jeden beigesteue­rten Cent laut Krankenhau­sgesellsch­aft in Rechnung stellt, gibt kein gutes Bild ab. Nach Corona ist vor Corona. Man wird einander auch in Zukunft brauchen.

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