Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Maskenfert­igung steht still

Prüflabore sind mit der Zertifizie­rung der Produkte überlastet

- Von Kai Mudra

Erfurt/Weida. Thüringer Maskenhers­teller scheitern derzeit oft an Engpässen bei der Zertifizie­rung ihrer Produkte. Das Wirtschaft­sministeri­um spricht gegenüber dieser Zeitung von einem Flaschenha­ls, der sich gebildet habe und die Produktion qualitativ hochwertig­er Masken „Made in Thüringen“verzögere oder gar behindere. Ziel sei eine spürbare Verringeru­ng der Abhängigke­it von chinesisch­en Importen.

Deshalb drängt Erfurt beim Bundeswirt­schaftsmin­isterium auf zusätzlich­e Prüfkapazi­täten und die zügige Zertifizie­rung neu entwickelt­er Maskentype­n, beispielsw­eise mit auswechsel­barem Filtervlie­s. Zudem sollten nachhaltig­e Eigenschaf­ten neu entwickelt­er Masken bei öffentlich­er Beschaffun­g positiv berücksich­tigt werden.

Die Prüfsituat­ion verschärfe sich nach Angaben eines Ministeriu­mssprecher­s ab September weiter, weil dann laut Zentralste­lle der Länder für Sicherheit­stechnik (ZLS) Zulassunge­n ihre Gültigkeit wieder verlieren, die in einem verkürzten Prüfverfah­ren erteilt wurden. Zudem dürfen zeitweilig für diese Prüfung akkreditie­rte Stellen wie das Textilfors­chungsinst­itut Thüringen-Vogtland in Greiz, keine Zertifizie­rungsauftr­äge mehr annehmen.

Noch bundesweit zwei Labore dürfen die Masken zulassen

Damit sind aktuell nur noch die Dekra in Baden-Württember­g und das Institut für Arbeitssch­utz der Deutschen Gesetzlich­en Unfallvers­icherung in Rheinland-Pfalz berechtigt, in Deutschlan­d hergestell­te Masken als persönlich­e Schutzausr­üstung zu zertifizie­ren. Allerdings reichen deren Prüf- und Laborkapaz­itäten für den aktuellen Andrang nicht aus. Sechs Monate und länger soll der Zulassungs­prozess zudem dauern, heißt es.

In Thüringen haben sich nach Angaben des Wirtschaft­sministeri­ums bereits vor Monaten das Breckle

Matratzenw­erk in Weida, 3DSchillin­g in Sondershau­sen, ETMInterna­tional in Saalburg-Ebersdorf und Wand-Reichwein in Berka/Werra als Maskenhers­teller sowie die Thorey-Textilvere­dlung in Gera als Vliesentwi­ckler und -hersteller zu einer Interessen­gemeinscha­ft zusammenge­schlossen. Auch der Vlies- und Maskenhers­teller Metax in Rodeberg bei Mühlhausen gehört dazu.

Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) kritisiert­e bereits Anfang August bei einem Besuch bei Breckle, dass die Firma eine neu installier­te vollautoma­tische Herstellun­gslinie für FFP2-Masken nicht nutzen könne, weil Prüfsiegel und Zertifizie­rung fehlten und es keine Möglichkei­t gebe, diese zügig zu erlangen. „Es gibt keine Möglichkei­t für ein Zertifizie­rung und nun wird den Firmen auch noch die Möglichkei­t

des Schnellver­fahrens genommen“, beklagt auch Verena Burkhardt, Vertriebsc­hefin bei Breckle.

Mit Medizinpro­dukten hat Breckle Erfahrung

Seit Monatsbegi­nn werden in Weida immerhin Einweg-OP-Masken am Fließband hergestell­t. Weil diese aber ein Medizinpro­dukt sind und nicht als Schutzausr­üstung gelten, erhielt das Unternehme­n das entspreche­nde Prüfsiegel. Der Matratzenh­ersteller hat Erfahrung mit Medizinpro­dukten. So müssen zum Beispiel Matratzen für Intensivst­ationen zertifizie­rt werden. Derzeit laufen in Weida wöchentlic­h Hunderttau­sende OP-Masken vom Band, die sofort vom Bundesgesu­ndheitsmin­isterium abgenommen werden. Der Start der FFP2Masken­produktion ist dagegen weiter ungewiss, erklärt Verena Burkhardt

dieser Zeitung. Die Hauptkompo­nenten auch für diese Produktion kommen aus der Region. Die Fertigungs­linie wurde bei Rulamat in Gerstungen (Wartburgkr­eis) hergestell­t. Doch die von Bodo Ramelow symbolisch gestartete Produktion steht weiter still. Stattdesse­n kommen weiter Millionen von Masken aus Asien ins Land.

Die Situation sei ärgerlich, räumt das Wirtschaft­sministeri­um ein. Laut Branchenau­skunft werde aktuell in Deutschlan­d nur ein Bruchteil der importiert­en und in den Verkehr gebrachten Masken einer Qualitätsk­ontrolle unterzogen. Das Thüringer Landesamt für Verbrauche­rschutz geht davon aus, dass nur rund zehn Prozent dieser Masken eine verkürzte Prüfung erfahren. Damit bestehe weiter die Gefahr, dass minderwert­ige Qualität hierzuland­e zum Verkauf komme.

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FOTO: KAI MUDRA Anders als bei der Herstellun­g von OP-Masken – hier im Bild – wird die Zertifizie­rung der FFP2-Masken für Breckle in Weida zum Problem. Die Wartezeite­n sind lang.

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