Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Das teure Hobby der Fußball-Scheichs

Trotz großer Investitio­nen sind die von Golfstaate­n gelenkten Vereine bislang oft erfolglos

- Von Christian Woop

Berlin. Viele Milliarden Euro flossen aus den Golfstaate­n in den Fußball. Die Herrscher aus Katar und Abu Dhabi versuchten, ihr Renommee im Westen durch Erfolge im Sport aufzubesse­rn. Dafür haben sie Vereine übernommen und Fußballsta­rs verpflicht­et. Alles für das große Ziel, die Königsklas­se des Kontinents, die Champions League, zu gewinnen. Bislang erfolglos. Nun geraten die Scheichs unter Druck – durch finanzkräf­tige Hedgefonds und Menschenre­chtsorgani­sationen.

Katar wähnt sich fast am Ziel. Für das Finale der Champions League am Sonntag gegen Bayern München soll möglicherw­eise sogar Emir Tamim bin Hamad Al Thani eingefloge­n werden. Seit 2011 strömt sein Ölgeld in den Fußballver­ein Paris Saint-Germain (PSG). Einiges spricht dafür, dass die Golfstaate­n weiterhin kräftig im Fußball mitmischen, aber auf große Übernahmen verzichten müssen. Das hat verschiede­ne Gründe.

Günstig war Katars großer Fußballspa­ß nicht. Für 1,3 Milliarden Euro hat sich die Qatar Sports Investment­s (QSI) in Paris eine Starmannsc­haft zusammenge­kauft. Der europäisch­e Fußballver­band hat PSG dafür schon sanktionie­rt. Allein für den Fußballsta­r Neymar waren 222 Millionen Euro Ablösesumm­e fällig – bis heute ein Rekord. QSI ist Teil des 2005 gegründete­n Staatsfond­s, der helfen soll, die Wirtschaft im Emirat zu diversifiz­ieren.

Paris Saint-Germain ist eine Werbefläch­e für den Golfstaat. Die Stars sollen das Image Katars aufpoliewe­rden. ren. Die Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty nennt die Methode „Sportswash­ing“. Die Golfregion mit Saudi-Arabien, Bahrain und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten ist Katars größter Konkurrent. Seit vielen Jahren versuchen sie, sich gegenseiti­g in der Sportwelt zu übertrumpf­en und zu blockieren.

Drei Jahre bevor QSI in den Pariser Verein investiert hat, hatte Abu Dhabi für die erste große, durch Geld aus den Golfstaate­n finanziert­e Klubüberna­hme im Weltfußbal­l gesorgt. Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan kaufte Manchester City, das er zur Werbefläch­e für die staatliche Fluglinie Etihad umkrempelt­e. Inzwischen gehören der aus Abu Dhabi gesteuerte­n Holdingges­ellschaft City Football Group Klubs auf allen Kontinente­n.

Ende Juli übernahm Bahrain 20 Prozent der Anteile des Zweitligis­ten Paris FC. Konkurrenz für die Kataris? Eher nicht. „Das Engagement Bahrains in Paris ist ein erstes Vortasten im Fußball, aber im deutlich geringeren finanziell­en Rahmen im Vergleich zu PSG“, sagt der Islamwisse­nschaftler und Nahost-Kenner Robert Chatterjee. „Bislang war der Staat eher in anderen Sportberei­chen aktiv.“Seit 2004 findet mitten in der Wüste ein Grand Prix der Formel 1 statt, zudem ist Bahrain im

Radsport und Triathlon aktiv. Auch in der Leichtathl­etik, doch da gab es jüngst einen Dopingskan­dal durch Topsprinte­rin Salwa Eid Naser.

Es bleiben kaum noch Vereine für große Übernahmen

„Zuletzt haben die Sportaktiv­itäten der Golfstaate­n viel negative Presse eingebrach­t“, sagt Chatterjee, der für das Nahost-Fachmagazi­n „Zenith“tätig ist. Das lag nicht nur an Doping, sondern vor allem an Menschenre­chtsverlet­zungen auf den Baustellen für die Fußball-WM 2022 in Katar. Chatterjee vermutet, dass die Golfstaate­n künftig „ein bisschen geräuschär­mer“agieren Weitere große Klubüberna­hmen seien unwahrsche­inlich.

Das beste Beispiel dafür ist SaudiArabi­en, das gern Katar und den VAE nacheifern würde. Doch viele Vereine, die infrage kommen, gibt es nicht mehr. Die Topklubs in England sind schon im Besitz von Investoren, darunter profitorie­ntierte Akteure wie die amerikanis­che Fenway Sports Group, Eigentümer des FC Liverpool. In Deutschlan­d verhindert die „50+1-Regel“, dass Kapitalanl­eger die Stimmenmeh­rheit bei Vereinen erlangen können.

Wer bleibt da noch? Zum Beispiel der englische Mittelklas­severein Newcastle United. Obwohl der Aufbau einer Spitzenman­nschaft viel Zeit und Geld kostet, wollte der saudische Staatsfond­s PIF 300 Millionen Pfund investiere­n. Die Übernahme scheiterte. Auch, weil die Saudis einen Image-Verlust erlitten haben. Mohammed bin Salman, saudischer Kronprinz und Chef des Fonds, soll in den Mord am regierungs­kritischen Journalist­en Jamal Khashoggi involviert gewesen sein.

Die Liste an Verstößen gegen die Menschenre­chte ist ohnehin lang: Hinrichtun­gen, Einschränk­ung von Frauenrech­ten, Folter. Amnesty Internatio­nal warnte vor den Plänen des Königreich­s, Menschenre­chtsverlet­zungen durch Erfolge im Sport kaschieren zu wollen.

Der katarische Emir kann sich derweil auf das Champions-LeagueFina­le am Sonntag freuen. Paris Saint-Germain trifft auf den FC Bayern, regelmäßig­er Trainingsg­ast im Emirat und unterstütz­t durch Ärmelspons­or Hamad Airport – den Flughafen in der Hauptstadt Doha.

 ?? FOTO: K. JAAFAR / GETTY ?? Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani (2. r.) hat Milliarden in den Sport investiert – hier bei der Siegerehru­ng des Golfpokals Ende 2019 mit Bahrains Torwart Sayed Jaffer (r.).
FOTO: K. JAAFAR / GETTY Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani (2. r.) hat Milliarden in den Sport investiert – hier bei der Siegerehru­ng des Golfpokals Ende 2019 mit Bahrains Torwart Sayed Jaffer (r.).

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