Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Kinder unerwünscht!
Hotels nur für Erwachsene haben Zulauf. Doch es gibt laute Kritik: Der CDU-Sozialflügel nennt das Geschäftsmodell „asozial“und fordert jetzt ein Verbot per Gesetz
Berlin. Sind Kinder Störenfriede? Wie so oft kommt es darauf an, wen man fragt. Fest steht, dass es viele Erwachsene gibt, die im Urlaub keine Kinder um sich haben wollen und sogenannte Adults-only-Hotels buchen. Dort sind Personen bis 16 Jahren unerwünscht. Das Gastgewerbe und viele Reiseanbieter haben sich längst auf diesen Kundenkreis eingestellt. „Ein Urlaub in Erwachsenenhotels ist Entspannung, Ruhe und Zweisamkeit“, heißt es etwa auf der Homepage eines bekannten deutschen Reiseanbieters.
Genaue Zahlen zu solchen Unterkünften gibt es nicht. Auf deutschen Buchungsportalen gibt es bis zu 200 solcher Angebote im Inland, auf der Internetseite „Urlaub ohne Kinder“waren es weltweit rund 1440. Wie es aussieht, scheint es ein nachgefragtes Marktsegment zu sein. Und es kann ja durchaus Gründe geben, warum sich Erwachsene in Abwesenheit von Kindern besser erholen können. Eltern mit sehr jungem Nachwuchs beispielsweise freuen sich vielleicht darüber, die Kleinen mal bei den Großeltern zu lassen und einen Ort zu haben, an dem sie ausschlafen und ein Tagesprogramm ohne Spielplatz und Planschbecken absolvieren können. Trotzdem bleibt die Frage: Darf dieses Bedürfnis im Umkehrschluss dazu führen, dass Hotels grundsätzlich allen Kindern den Zutritt verwehren?
Familie scheiterte vor Gericht mit einer Klage gegen Hotel
Tatsächlich sorgt das „Adults only“-Konzept immer wieder für Ärger und beschäftigte mehrfach deutsche Gerichte. Erst im Frühjahr erging ein Urteil am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Geklagt hatte eine Familie mit fünf Kindern, deren Zimmerreservierung in einem Wellness- und Tagungshotel in Brandenburg mit der Begründung abgelehnt worden war, es würden nur Gäste über 16 Jahren aufgenommen. Das Gericht entschied zugunsten des Hotels. Beherbergungsstätten dürften sich als „Erwachsenenhotel“ausrichten und damit Kinder und Jugendliche generell als Gäste ablehnen. Diese würden wegen ihres Alters zwar benachteiligt. Für die unterschiedliche Behandlung gebe es aber einen sachlichen Grund – und damit sei sie gerechtfertigt. Zudem sei bei der Auslegung des Antidiskriminierungsgesetzes auch die im Grundgesetz geschützte unternehmerische Freiheit des Hotelbetreibers zu berücksichtigen.
Ruhe ist damit aber nicht eingekehrt. Das Thema sorgt weiter für Kritik. Der Sozialflügel der CDU verlangt nun ein Gesetz, das „Adults only“-Angebote untersagt. „Ich finde, dass reine Erwachsenenhotels verboten werden sollten“, sagt der stellvertretende CDA-Bundesvorsitzende, Alexander Krauß, unserer Redaktion. „Kinder sind offensichtlich die einzige Gruppe in unserem Land, die diskriminiert werden darf. Ein Hotel, das Behinderte, Schwarze oder Homosexuelle ausschließt, ist zu Recht unvorstellbar. Nur bei Kindern ist das zulässig“, empört sich der CDU-Bundestagsabgeordnete. Krauß betont, eine Gesellschaft, die Kinder ausgrenze, werde keine Zukunft haben. „Erwachsenenhotels sind daher asozial.“
„Kinder sind offensichtlich die einzige Gruppe in unserem Land, die diskriminiert werden darf.“Alexander Krauß, Bundesvize des CDU-Sozialflügels (CDA)
Auch der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbands (DFV), Sebastian Heimann, ist für ein Verbot. Den Vorstoß, den Ausschluss von Kindern per Gesetz zu verbieten, sehe der Verband „sehr positiv“. Krauß sieht die Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, Christine Lambrecht, am Zug. Er wünsche sich von der SPDPolitikerin „den gleichen Einsatz gegen die Diskriminierung von Familien, wie sie ihn bei allen anderen Kleinstgruppen an den Tag legt“.
Das Justizministerium verweist indes kühl auf das BGH-Urteil und den Fall in Brandenburg. Eine unterschiedliche Behandlung aus Gründen des Alters könne zulässig sein, „wenn für diese Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund vorliegt“, teilt ein Sprecher mit.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht in Erwachsenenhotels hingegen kein Problem, sondern eine Erweiterung des Angebots. „Wir beobachten, dass sich einige Hoteliers auf die Zielgruppe der erwachsenen Gäste spezialisieren“, teilt der Bundesverband mit. Konzepte, die sich „konsequent an den Wünschen der Zielgruppe orientieren, haben Erfolg“. „Adults only“-Hotels könnten als eine solche Spezialisierung gesehen werden. Ein genereller Trend „hin zu kinderfreien Hotels“lasse sich aber nicht erkennen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. Seit 2010 seien 48 Beschwerden eingegangen, die sich darauf bezogen, dass Kinder nicht in Hotels, auf Campingplätzen oder in Gaststätten zugelassen wurden. Die Zahlen seien nicht repräsentativ. Es lasse sich jedoch sagen, dass es um „vereinzelte Fälle“gehe und um „keinen Trend“. Dennoch betont der kommissarische Leiter der Behörde, Bernhard Franke, mit Blick auf das BGH-Urteil, dies sei „kein Freifahrtschein“, Kindern pauschal den Zutritt zu verwehren. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schütze vor Benachteiligungen aufgrund des Lebensalters, „also auch des Kindesalters“.