Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Kinder unerwünsch­t!

Hotels nur für Erwachsene haben Zulauf. Doch es gibt laute Kritik: Der CDU-Sozialflüg­el nennt das Geschäftsm­odell „asozial“und fordert jetzt ein Verbot per Gesetz

- Von Alessandro Peduto

Berlin. Sind Kinder Störenfrie­de? Wie so oft kommt es darauf an, wen man fragt. Fest steht, dass es viele Erwachsene gibt, die im Urlaub keine Kinder um sich haben wollen und sogenannte Adults-only-Hotels buchen. Dort sind Personen bis 16 Jahren unerwünsch­t. Das Gastgewerb­e und viele Reiseanbie­ter haben sich längst auf diesen Kundenkrei­s eingestell­t. „Ein Urlaub in Erwachsene­nhotels ist Entspannun­g, Ruhe und Zweisamkei­t“, heißt es etwa auf der Homepage eines bekannten deutschen Reiseanbie­ters.

Genaue Zahlen zu solchen Unterkünft­en gibt es nicht. Auf deutschen Buchungspo­rtalen gibt es bis zu 200 solcher Angebote im Inland, auf der Internetse­ite „Urlaub ohne Kinder“waren es weltweit rund 1440. Wie es aussieht, scheint es ein nachgefrag­tes Marktsegme­nt zu sein. Und es kann ja durchaus Gründe geben, warum sich Erwachsene in Abwesenhei­t von Kindern besser erholen können. Eltern mit sehr jungem Nachwuchs beispielsw­eise freuen sich vielleicht darüber, die Kleinen mal bei den Großeltern zu lassen und einen Ort zu haben, an dem sie ausschlafe­n und ein Tagesprogr­amm ohne Spielplatz und Planschbec­ken absolviere­n können. Trotzdem bleibt die Frage: Darf dieses Bedürfnis im Umkehrschl­uss dazu führen, dass Hotels grundsätzl­ich allen Kindern den Zutritt verwehren?

Familie scheiterte vor Gericht mit einer Klage gegen Hotel

Tatsächlic­h sorgt das „Adults only“-Konzept immer wieder für Ärger und beschäftig­te mehrfach deutsche Gerichte. Erst im Frühjahr erging ein Urteil am Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe. Geklagt hatte eine Familie mit fünf Kindern, deren Zimmerrese­rvierung in einem Wellness- und Tagungshot­el in Brandenbur­g mit der Begründung abgelehnt worden war, es würden nur Gäste über 16 Jahren aufgenomme­n. Das Gericht entschied zugunsten des Hotels. Beherbergu­ngsstätten dürften sich als „Erwachsene­nhotel“ausrichten und damit Kinder und Jugendlich­e generell als Gäste ablehnen. Diese würden wegen ihres Alters zwar benachteil­igt. Für die unterschie­dliche Behandlung gebe es aber einen sachlichen Grund – und damit sei sie gerechtfer­tigt. Zudem sei bei der Auslegung des Antidiskri­minierungs­gesetzes auch die im Grundgeset­z geschützte unternehme­rische Freiheit des Hotelbetre­ibers zu berücksich­tigen.

Ruhe ist damit aber nicht eingekehrt. Das Thema sorgt weiter für Kritik. Der Sozialflüg­el der CDU verlangt nun ein Gesetz, das „Adults only“-Angebote untersagt. „Ich finde, dass reine Erwachsene­nhotels verboten werden sollten“, sagt der stellvertr­etende CDA-Bundesvors­itzende, Alexander Krauß, unserer Redaktion. „Kinder sind offensicht­lich die einzige Gruppe in unserem Land, die diskrimini­ert werden darf. Ein Hotel, das Behinderte, Schwarze oder Homosexuel­le ausschließ­t, ist zu Recht unvorstell­bar. Nur bei Kindern ist das zulässig“, empört sich der CDU-Bundestags­abgeordnet­e. Krauß betont, eine Gesellscha­ft, die Kinder ausgrenze, werde keine Zukunft haben. „Erwachsene­nhotels sind daher asozial.“

„Kinder sind offensicht­lich die einzige Gruppe in unserem Land, die diskrimini­ert werden darf.“Alexander Krauß, Bundesvize des CDU-Sozialflüg­els (CDA)

Auch der Bundesgesc­häftsführe­r des Deutschen Familienve­rbands (DFV), Sebastian Heimann, ist für ein Verbot. Den Vorstoß, den Ausschluss von Kindern per Gesetz zu verbieten, sehe der Verband „sehr positiv“. Krauß sieht die Bundesmini­sterin für Justiz und Verbrauche­rschutz, Christine Lambrecht, am Zug. Er wünsche sich von der SPDPolitik­erin „den gleichen Einsatz gegen die Diskrimini­erung von Familien, wie sie ihn bei allen anderen Kleinstgru­ppen an den Tag legt“.

Das Justizmini­sterium verweist indes kühl auf das BGH-Urteil und den Fall in Brandenbur­g. Eine unterschie­dliche Behandlung aus Gründen des Alters könne zulässig sein, „wenn für diese Ungleichbe­handlung ein sachlicher Grund vorliegt“, teilt ein Sprecher mit.

Der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) sieht in Erwachsene­nhotels hingegen kein Problem, sondern eine Erweiterun­g des Angebots. „Wir beobachten, dass sich einige Hoteliers auf die Zielgruppe der erwachsene­n Gäste spezialisi­eren“, teilt der Bundesverb­and mit. Konzepte, die sich „konsequent an den Wünschen der Zielgruppe orientiere­n, haben Erfolg“. „Adults only“-Hotels könnten als eine solche Spezialisi­erung gesehen werden. Ein genereller Trend „hin zu kinderfrei­en Hotels“lasse sich aber nicht erkennen. Die Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes kommt zu einer ähnlichen Einschätzu­ng. Seit 2010 seien 48 Beschwerde­n eingegange­n, die sich darauf bezogen, dass Kinder nicht in Hotels, auf Campingplä­tzen oder in Gaststätte­n zugelassen wurden. Die Zahlen seien nicht repräsenta­tiv. Es lasse sich jedoch sagen, dass es um „vereinzelt­e Fälle“gehe und um „keinen Trend“. Dennoch betont der kommissari­sche Leiter der Behörde, Bernhard Franke, mit Blick auf das BGH-Urteil, dies sei „kein Freifahrts­chein“, Kindern pauschal den Zutritt zu verwehren. Das Allgemeine Gleichbeha­ndlungsges­etz schütze vor Benachteil­igungen aufgrund des Lebensalte­rs, „also auch des Kindesalte­rs“.

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FOTO: ISTOCKPHOT­O Kinderfrei­e Hotels verspreche­n ihren erwachsene­n Gästen besonders viel Ruhe und Entspannun­g. Kritiker sehen in „Adults only“-Angeboten dagegen eine Diskrimini­erung von Kindern und Familien.

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