Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Über Weltläufe
J etzt, wo die Kids wieder zur Schule gehen, geht auch der Freidäjs-for-Fjutscher-Quatsch wieder los“, wirft Dick in die Runde, als unsere Weltuntergangs-Debatte ihm lästig wird. „Ich finde das gut“, entgegne ich. „Gegen den Klimawandel kann die Menschheit gar keine vernünftigen Vorkehrungen treffen. Da stiftet so ‘ne Demo als soziales Ereignis wenigstens Trost.“– Jack: „Rituelle Symbolhandlungen waren in Krisen schon immer Mode. Im Mittelalter traf man sich zum Gebet oder machte ‘nen kleinen Kreuzzug ins Morgenland.“Wir saufen. Wird unser Alter sarkastisch, wird’s brenzlig.
Wir sitzen irgendwo in der Holzdorfer Prärie am Lagerfeuer. Cowboy-Romantik. Zum Glück haben wir Bushfire-Whiskey dabei. Bill faucht: „Ich hab’ die Schnauze voll von all den unlösbaren Problemen: Klimawandel, Carola-Virus, Populismus, chinesischer Expansionismus, Mäntschester-Kapitalismus, Rassismus und Anti-Feminismus. All das im Orwellschen Überwachungsstaat. Nicht auszuhalten!“
Dick zieht einen fetten Joint aus der Satteltasche. Er sagt: „Doch, Billie. Wir halten’s ja aus. So ist das Leben.“Schon brennt die Lunte und wandert im Kreis. Das macht auch Jack etwas ruhiger. „Wir Klugscheißer glauben immer, der Lauf der Welt sei berechenbar“, sagt er leise. „Und hätte man die WeltenMechanik nur richtig durchschaut, könne man sie sogar steuern und planen. So’n Quatsch!“
„Irgendwas Unvorhersehbares kommt immer dazwischen“, pflichte ich bei. „Der Mauerfall, die DottKomm-Blase, ‘ne Bankenkrise, der Brexit und ab und zu ‘ne Pandemie obendrein. Haste ein Problem gelöst, wachsen zwei neue. Du stehst da wie Herkules vor der Hydra.“– „Vielleicht“, so Dick, „bricht demnächst ein Super-Vulkan aus, oder ein Meteor fällt uns auf den Kopf!“
Kehlig entgegnet Jack: „Nur der Tod ist gewiss. Aber das Leben ist wie ‘ne Wundertüte: nach vorne offen.“– Dem ist nichts hinzuzufügen. Bekifft legen wir uns nieder und schauen in die Weiten des Alls. Das Feuer knistert, Sternschnuppen blitzen am Firmament.