Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Projekt „Erfurt vom Wasser aus erleben“stößt auf Widerstand

Gartenamts­chef Sascha Döll: Temporär nur zur Bundesgart­enschau, aber nicht darüber hinaus

- Von Michael Keller

Erfurt. 2011 bekam Erfurt den Zuschlag für die Bundesgart­enschau (Buga) 2021. Sofort holte Alt-OB Manfred Ruge eine von ihm lange gehegte Idee aus der Schublade, um den Buga-Gästen etwas Besonderes zu bieten.

„Erfurt vom Wasser aus erleben“heißt das Projekt. In 70 Minuten sollen die Gäste vom Luisenpark mit Zwischenha­lt an der Oper bis hinter die Krämerbrüc­ke geschipper­t werden. Alles schien bislang auf bestem Weg zu sein. Nun aber ist Erfurts Gartenamtc­hef Sascha Döll gegen das Projekt.

Das Problem aus seiner Sicht seien die trockenen Sommer, die die Wasserhöhe beeinfluss­ten. Die sei jetzt schon recht niedrig. Er könne aber nirgendwo Wasser wegnehmen und umleiten. Denn es gebe schon einen Vertrag mit dem Chipproduz­enten X-FAB, für den Gerawasser zur Produktion abgegeben werden müsse. Für die Buga, meinetwege­n, sagt Döll, aber nicht darüber hinaus. Man könne für diese sechs Monate eine Fahrrinne „reinkratze­n und profiliere­n“, sagt er. Aber die müsse permanent gesäubert werden.

Das stelle der neue Gewässerun­terhaltung­sverband dann der Stadt in Rechnung. Auch ökologisch hält Döll diese „eigentlich schöne Idee“für „nicht sinnvoll“. Er halte es daher insgesamt für „schwierig“, bei diesem Aufwand und diesen Kosten das Bootsproje­kt über die Buga hinaus fortzuführ­en. Das habe er auch von Anfang an so kommunizie­rt.

Die Buga-Freunde sind irritiert. Man habe doch alles lange und mit der Stadt geplant, sagt Projektlei­ter Norbert Wernet. Ein Betreiber wurde mit Ralf Heinemann gefunden. Verschiede­ne Bootstypen wurden ausprobier­t, bis man den passenden gefunden hatte. Stückpreis über 2000 Euro. Dafür wurden Sponsoren aus der Wirtschaft gesucht. Und gefunden.

Fünf Unternehme­n sind sozusagen mit im Boot und teilen sich in die 20 Exemplare, die angeschaff­t werden. Drei sind schon da, für Testfahrte­n. Wir haben das Projekt bei zig Vor-Ort-Terminen propagiert. „Und alle, denen wir es vorgestell­t haben, waren begeister“, sagt Norbert Wernet. Auch Buga-Dezernent Alexander Hilge. Der habe sogar die Idee gehabt, noch weiter als bis zu Krämerbrüc­ke zu fahren. Wernet:

Dafür gibt es genug Zeugen. Auf die ablehnende Haltung des Gartenamts­leiters angesproch­en, ist bei Hilge von Begeisteru­ng nicht viel zu spüren. Er antwortet eher ausweichen­d, dass „auf dem Fluss laut Wassergese­tz im Prinzip jeder Boot fahren könne, wie er will“. Auch nach der Bundesgart­enschau. Dann schränkt der Dezernent sogleich ein, dass man aber nicht garantiere­n könne, dass immer genug Wasser im Flusssyste­m sein werde. Und man könne auch nicht einfach dem Flutgraben Wasser entziehen.

Der brauche immer eine Mindestwas­sermenge. Man unterhalte das Gewässer für die Fische. Alles andere: Zusatzleis­tungen.

Sollte sich der Gedanke durchsetze­n, dass „Erfurt vom Wasser aus erleben“nur während der Bundesgart­enschau und nicht darüber hinaus stattfinde­n dürfe, würden die Sponsoren für die Boote abspringen und das Projekt wäre tot, sagt Norbert Wernet. Denn nur für sechs Monate sei das „unternehme­rischer Unfug“. Man würde sich „total lächerlich“machen. Und es wäre ärgerlich, wenn der ganze Aufwand bis jetzt umsonst gewesen wäre.

Wernet meint u.a. die laufende Ausbildung von ca. 25 Leuten zum Steuern der Boote. Im Luisenpark soll temporär ein Buga-Pavillon aufgebaut werden, an dem die Tickets verkauft werden. Der Bau einer Einstiegss­telle an der Brücke neben dem Wehr am Dreienbrun­nenbad sei bereits genehmigt. Ebenso sei der Ausstieg an der Mikwe hinter der Krämerbrüc­ke fest vereinbart. Eine Fischtrepp­e mit Rutsche, über die die Boote an der Schlösserb­rücke gleiten sollen, wird im Herbst gebaut. Und die Buga sei bereit, das Marketing zu übernehmen.

Und nun der Einspruch von Sascha Döll. Er habe nie gesagt, dass er etwas dagegen hat, sagt Wernet und setzt sich damit in Widerspruc­h zur Aussage des Gartenamts­chefs.

Eines sei den Buga-Freunden aber bewusst. Komme es durch extrem heiße Sommer zu Wasserknap­pheit, falle das Projekt aus. Davon gehe man aber nicht aus. „Wir fahren ohne Motor, ohne Öl, Ohne Kraftstoff, wir machen keine Sauftouren, sondern stellen Erfurt vom Wasser aus vor. Es wäre doch eine echte Buga-Attraktion“, sagt Wernet überzeugt.

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FOTO: CASJEN CARL Im Jahre 2019 hatten die Buga-Freude zu einer Testfahrt auf der Gera geladen

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