Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Projekt „Erfurt vom Wasser aus erleben“stößt auf Widerstand
Gartenamtschef Sascha Döll: Temporär nur zur Bundesgartenschau, aber nicht darüber hinaus
Erfurt. 2011 bekam Erfurt den Zuschlag für die Bundesgartenschau (Buga) 2021. Sofort holte Alt-OB Manfred Ruge eine von ihm lange gehegte Idee aus der Schublade, um den Buga-Gästen etwas Besonderes zu bieten.
„Erfurt vom Wasser aus erleben“heißt das Projekt. In 70 Minuten sollen die Gäste vom Luisenpark mit Zwischenhalt an der Oper bis hinter die Krämerbrücke geschippert werden. Alles schien bislang auf bestem Weg zu sein. Nun aber ist Erfurts Gartenamtchef Sascha Döll gegen das Projekt.
Das Problem aus seiner Sicht seien die trockenen Sommer, die die Wasserhöhe beeinflussten. Die sei jetzt schon recht niedrig. Er könne aber nirgendwo Wasser wegnehmen und umleiten. Denn es gebe schon einen Vertrag mit dem Chipproduzenten X-FAB, für den Gerawasser zur Produktion abgegeben werden müsse. Für die Buga, meinetwegen, sagt Döll, aber nicht darüber hinaus. Man könne für diese sechs Monate eine Fahrrinne „reinkratzen und profilieren“, sagt er. Aber die müsse permanent gesäubert werden.
Das stelle der neue Gewässerunterhaltungsverband dann der Stadt in Rechnung. Auch ökologisch hält Döll diese „eigentlich schöne Idee“für „nicht sinnvoll“. Er halte es daher insgesamt für „schwierig“, bei diesem Aufwand und diesen Kosten das Bootsprojekt über die Buga hinaus fortzuführen. Das habe er auch von Anfang an so kommuniziert.
Die Buga-Freunde sind irritiert. Man habe doch alles lange und mit der Stadt geplant, sagt Projektleiter Norbert Wernet. Ein Betreiber wurde mit Ralf Heinemann gefunden. Verschiedene Bootstypen wurden ausprobiert, bis man den passenden gefunden hatte. Stückpreis über 2000 Euro. Dafür wurden Sponsoren aus der Wirtschaft gesucht. Und gefunden.
Fünf Unternehmen sind sozusagen mit im Boot und teilen sich in die 20 Exemplare, die angeschafft werden. Drei sind schon da, für Testfahrten. Wir haben das Projekt bei zig Vor-Ort-Terminen propagiert. „Und alle, denen wir es vorgestellt haben, waren begeister“, sagt Norbert Wernet. Auch Buga-Dezernent Alexander Hilge. Der habe sogar die Idee gehabt, noch weiter als bis zu Krämerbrücke zu fahren. Wernet:
Dafür gibt es genug Zeugen. Auf die ablehnende Haltung des Gartenamtsleiters angesprochen, ist bei Hilge von Begeisterung nicht viel zu spüren. Er antwortet eher ausweichend, dass „auf dem Fluss laut Wassergesetz im Prinzip jeder Boot fahren könne, wie er will“. Auch nach der Bundesgartenschau. Dann schränkt der Dezernent sogleich ein, dass man aber nicht garantieren könne, dass immer genug Wasser im Flusssystem sein werde. Und man könne auch nicht einfach dem Flutgraben Wasser entziehen.
Der brauche immer eine Mindestwassermenge. Man unterhalte das Gewässer für die Fische. Alles andere: Zusatzleistungen.
Sollte sich der Gedanke durchsetzen, dass „Erfurt vom Wasser aus erleben“nur während der Bundesgartenschau und nicht darüber hinaus stattfinden dürfe, würden die Sponsoren für die Boote abspringen und das Projekt wäre tot, sagt Norbert Wernet. Denn nur für sechs Monate sei das „unternehmerischer Unfug“. Man würde sich „total lächerlich“machen. Und es wäre ärgerlich, wenn der ganze Aufwand bis jetzt umsonst gewesen wäre.
Wernet meint u.a. die laufende Ausbildung von ca. 25 Leuten zum Steuern der Boote. Im Luisenpark soll temporär ein Buga-Pavillon aufgebaut werden, an dem die Tickets verkauft werden. Der Bau einer Einstiegsstelle an der Brücke neben dem Wehr am Dreienbrunnenbad sei bereits genehmigt. Ebenso sei der Ausstieg an der Mikwe hinter der Krämerbrücke fest vereinbart. Eine Fischtreppe mit Rutsche, über die die Boote an der Schlösserbrücke gleiten sollen, wird im Herbst gebaut. Und die Buga sei bereit, das Marketing zu übernehmen.
Und nun der Einspruch von Sascha Döll. Er habe nie gesagt, dass er etwas dagegen hat, sagt Wernet und setzt sich damit in Widerspruch zur Aussage des Gartenamtschefs.
Eines sei den Buga-Freunden aber bewusst. Komme es durch extrem heiße Sommer zu Wasserknappheit, falle das Projekt aus. Davon gehe man aber nicht aus. „Wir fahren ohne Motor, ohne Öl, Ohne Kraftstoff, wir machen keine Sauftouren, sondern stellen Erfurt vom Wasser aus vor. Es wäre doch eine echte Buga-Attraktion“, sagt Wernet überzeugt.