Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Wasser des Lebens

- Ralf Schultz zur gerechten Verteilung von Ressourcen

E s hat wieder geregnet, Gott sei Dank. Allerdings nicht überall. Und auch bei uns nicht genug, um den Wassermang­el der letzten Jahre auszugleic­hen. Anderen geht es noch schlechter. Aus Artern stammt der Satz: Wenn ein Tropfen fällt, unbedingt einrahmen, es könnte der einzige bleiben.

Was wir bisher nur vom Hörensagen kannten und nun immer öfter erleben, ist den Menschen der Bibel vertraut: Trockenhei­t, Dürrestres­s oder – wie in der folgenden Geschichte – Streit ums Wasser: Isaak, so wird auf den ersten Seiten der Bibel erzählt, war reich geworden. Er nannte große Viehherden sein Eigen. Aber die mussten trinken und Wasser war knapp. So zieht Isaak los, um Wasser zu finden.

Zunächst geht er an vertraute Orte: Er lässt die Brunnen seines Vaters Abraham aufgraben. Und tatsächlic­h, dort gibt es Wasser. Aber da, wo sein Vater einst Raum hatte, ist es nun zu eng geworden. Andere Hirten mit ihren Herden sind jetzt dort und es gibt soviel Streit, dass Isaak den „Zankbrunne­n“entnervt hinter sich lässt. Dasselbe wiederholt sich an anderen Orten.

Lange muss Isaak suchen, bis er „seine“Quelle findet und bleiben kann. Der neue Brunnen bekommt dann den schönen Namen „weiter Raum“.

Wo ist deine Quelle?

Wo schöpfst du dein Lebenswass­er?

Wo tankst du auf?

Ich verstehe Isaaks Suche nach Wasser zunächst als Frage an unsere inneren Ressourcen. Wo kann ich hingehen, wenn mein Geduldsfad­en reißt? Was tust du nach der soundsovie­lten Enttäuschu­ng? Wo können wir Hoffnung schöpfen? Es kann sein, dass die „Brunnen der Vergangenh­eit“versiegt sind, dass die alten Rezepte nicht mehr wirken und wir uns neu auf die Suche machen müssen. Graben ist anstrengen­d, aber ehe ich innerlich vertrockne …

Natürlich spricht die Geschichte von Isaak auch ganz elementar in unseren heißen Sommer: Wird das Wasser in Zukunft für uns alle reichen? Wir werden uns einschränk­en müssen, aber wo? Wie finden wir zu einer möglichst gerechten Verteilung der Ressourcen? Über diese Fragen sollten wir eher früher als später miteinande­r sprechen.

Ralf Schultz ist Pfarrer der evangelisc­hen Kirchgemei­nde in Erfurt-Bischleben

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