Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Handwerksausbildung statt Studium
Anna-Lena Andreß hat ihr Abitur mit Bestnote absolviert und sich für Ausbildung zur Zweiradmechatronikerin entschieden
Erfurt. Anna-Lena Andreß möchte Zweiradmechatronikerin werden, Mopeds und Motorräder reparieren. In diesem Monat hat die 20-Jährige ihre duale Berufsausbildung in der Motorradwerkstatt „Zweirad Voss“in Erfurt begonnen. Das geht aus einer Mitteilung der Handwerkskammer Erfurt (HWK) hervor.
„Nach so vielen Schuljahren wollte ich nicht weiter an der Schulbank sitzen, sondern praktisch arbeiten. Und ich fahre selbst gerne Motorrad“, begründet die junge Frau. Ihr Weg sei ein besonderer, so die Handwerkskammer. Sie schloss ihr Abitur an der Walter-GropiusSchule, einem der zwei Handwerkergymnasien der Handwerkskammer Erfurt in der Landeshauptstadt, mit der Bestnote 1,0 ab.
Von diesem Schnitt träumen viele, die Medizin oder Jura studieren wollen. „Viele Schulkameraden gehen zur Uni oder machen erst einmal ein Überbrückungsjahr. Davon darf man sich nicht beirren lassen, zumal ich später auch noch studieren kann“, sagt sie. Was ebenfalls besonders ist: Sie hat sich für einen Beruf entschieden, der als Männerdomäne gilt. Die 20-Jährige ist eine von 960 jungen Menschen in Nordund Mittelthüringen, die in diesem Sommer ihre Ausbildung in einem der über 130 Ausbildungsberufe im Handwerk begonnen haben.
„Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um viele Jugendliche für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Bis Ende September ist der Start in eine Ausbildung noch möglich“, sagt Thomas Malcherek,
Hauptgeschäftsführer der HWK Erfurt. 3260 Lehrlinge sind im Kammerbezirk registriert. Wegen der Corona-Situation wurde die ohnehin nicht leichte Suche nach Auszubildenden nochmals erschwert. Die HWK Erfurt selbst setzt auf OnlineInformationen über die Berufe und hat eine Ausbildungs-Hotline geschaltet.
Die angehende Zweiradmechatronikerin hat durch ein Praktikum in einer Motorradwerkstatt zum Traumjob gefunden. Anna-Lena Andreß will jungen Frauen Mut machen. „Die Hemmschwelle ist oft groß, ins Handwerk und auch noch in ein Männermetier zu gehen. Ich bin mir aber sicher, dass Frauen den Job mindestens genauso gut machen können. Sie müssen es sich nur zutrauen“, betont sie.