Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Davon habe ich geträumt“
Jan-Lucas Bärwolf (19) tritt beim FC Rot-Weiß in die Fußstapfen seines Vaters Daniel
Walschleben. Nein, an die Spiele seines Vaters kann sich Jan-Lucas Bärwolf nicht erinnern; dafür aber noch vage an das Stadion an der Lohmühle und auch an die Mannschaftskabine, die er immer mal wieder betreten durfte. Das waren aufregende Momente für den kleinen Jungen. Und schon damals stand für ihn fest: „Ja, Fußballer will ich auch mal werden.“
Nicht in Lübeck, wo Daniel Bärwolf binnen neun Jahren (1998 bis
2007) mit 99 Treffern zum Rekordtorschützen der VfB-Historie aufstieg. Sondern in Erfurt, wohin die Familie nach Ende der erfolgreichen Ära an der Ostsee zurückkehrte. Ein Plan, der lange gehegt war. Das Haus in Walschleben stand, die Schulzeit für den ältesten der beiden Söhne begann und alsbald folgte die Anmeldung bei Rot-Weiß.
Seit elf Jahren trägt Jan-Lucas Bärwolf mittlerweile das Clubtrikot – länger, als jeder andere Spieler im aktuellen Oberliga-Kader. Dass er sich beim 1:1 in Rudolstadt zum ersten Erfurter Saisontorschützen aufschwang, freute Trainer Robin Krüger besonders: „Er ist Rot-Weißer durch und durch. Es hätte keinen Besseren treffen können.“Und natürlich erfüllte es auch den Papa mit Stolz: „Ich habe ihm vorher gesagt, ein guter Mittelfeldspieler macht heutzutage auch Tore. Schön, dass er auf mich gehört hat.“
Der Filius grinst, verweist aber auch auf die anderen (vorrangigen) Aufgaben, die seine Position mit sich bringen. Vielleicht es ganz gut so, dass er selbst kein Angreifer geworden ist. Die Vergleiche wären sicher nicht ausgeblieben. Daniel Bärwolf galt bereits in jungen Jahren beim FC Rot-Weiß als personifizierte Torgarantie. In lediglich drei Spielzeiten (1992 – 1994; 1996/97) erzielte der klassische Strafraumstürmer beeindruckende 79 Pflichtspiel-Treffer – und liegt damit heute noch gemeinsam mit Armin Romstedt auf Rang drei der ewigen Torschützenliste; hinter Jürgen Heun
(155) und Ronny Hebestreit (114). Zahlen, die Bärwolf Junior anerkennend zur Kenntnis nimmt; von denen er sich aber nicht unter Druck setzen lässt: „Es war immer klar, dass ich nicht alles auf die Karte Fußball setze, sondern zweigleisig fahre.“Das Abitur am Sportgymnasium hat er seit kurzem in der Tasche, ab Herbst strebt er ein Lehramtsstudium an der Universität in Erfurt an. Dies lasse sich mit dem Training sehr gut vereinbaren.
Dass es bei Rot-Weiß sportlich weitergeht, daran hat der 19-Jährige immer geglaubt. Trotz aller Ungewissheit, vieler Enttäuschungen und immer neuer Hiobsbotschaften blieb er positiv. Die Vorbereitung mit der 1. Mannschaft in der Winterpause inklusive guter Hallenauftritte hat ihn enorm motiviert; die Rückkehr von Krüger endgültig von einer Perspektive im Heimatclub überzeugt: „Er hat immer auf mich gesetzt. Unter ihm habe ich in den zwei Jahren in der U 19 einen Riesensprung gemacht.“
Der heutige Cheftrainer bestätigt: „Als ich kam, galt Jan-Lucas als Wackelkandidat; als einer, der es gerade so in die U 19 geschafft hat. Doch vor allem in der vergangenen Saison hat er sich zu einem absoluten Führungsspieler entwickelt – und nun auch den Übergang in den Männerbereich gut gemeistert.“
Krüger schätzt an seinem Schützling besonders dessen Mentalität: „Er ist ein Kämpfertyp; einer, der nie aufgibt und sich traut, auch mal den Mund aufzumachen, wenn ihn etwas stört.“Hinzu käme seine Spielintelligenz und Zweikampfstärke. Allerdings: Auch Bärwolf müsse sich dem Konkurrenzkampf immer wieder neu stellen.
Der Weg, den der FC Rot-Weiß (vielleicht auch notgedrungen) eingeschlagen hat, freut seinen Vater. Und er erinnert ihn an seine Anfänge im Sommer 1992: „Auch damals wurde nach dem Zweitliga-Abstieg verstärkt auf die eigenen, jungen Spieler gesetzt. Das war sicherlich nicht so verkehrt“, findet Daniel Bärwolf. Der 47-Jährige freut sich, dass der Sohnemann nun in seine (großen) Fußstapfen tritt – und blickt ähnlich gespannt auf dessen erstes Spiel im Steigerwaldstadion. Am Sonntag ist Grimma zu Gast.
„Davon habe ich geträumt. Damit geht wirklich ein Kindheitstraum in Erfüllung“, gibt der mittlerweile 1,90 Meter große Junior zu. „Ich war so oft im Stadion als Balljunge im Einsatz; jetzt dort spielen zu dürfen, ist einfach nur schön.“Die Nervosität in dieser Woche hielt sich trotz der „ausverkauften“Kulisse in Grenzen. Die Vorfreude überwiegt. Auch vor dem Saisonstart in Rudolstadt hätte sich sein Puls erst am Spieltag selbst etwas erhöht. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass JanLucas Bärwolf gewappnet ist für das erste Lehrjahr bei den Männern.
Als Ratgeber weiß er immer Vater Daniel an seiner Seite. Nicht nur, was das Toreschießen betrifft.
FC Rot-Weiß Erfurt – FC Grimma, Sonntag 14 Uhr, Steigerwaldstadion