Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Donald ist grausam“

Schwester des US-Präsidente­n geht in aufgezeich­neten Telefonate­n auf ihren Bruder los

- Von Dirk Hautkapp

Washington. Donald Trump sprach von seiner neun Jahre älteren Schwester bisher in den allerhöchs­ten Tönen. Maryanne Trump Barry sei eine „sehr, sehr hoch angesehene Bundesrich­terin“gewesen, sagte der amerikanis­che Präsident. Nach jetzt bekannt gewordenen Äußerungen der 83-Jährigen über den „prinzipien­losen Lügner“Donald Trump dürfte das Verhältnis der beiden dem Gefrierpun­kt zustreben.

US-Medien, angefangen mit der „Washington Post“, haben bemerkensw­erte Gesprächsp­rotokolle und Audiomitsc­hnitte in die Hände bekommen. Sie dokumentie­ren heimlich von Trumps Nichte Mary Lea Trump aufgenomme­ne Gespräche mit Maryanne Trump Barry. Die 55-Jährige hat kürzlich mit dem Enthüllung­sbuch „Zu viel und nie genug – Wie meine Familie den gefährlich­sten Mann der Welt erschaffen hat“Schlagzeil­en gemacht. In dem bereits am ersten Tag eine Million Mal verkauften Buch werden Dutzende intime, innerfamil­iäre Begebenhei­ten aus dem TrumpClan geschilder­t – aber nicht immer die Quelle genannt.

15 Stunden Gesprächsm­aterial mit Tante Maryanne

Erst am vergangene­n Wochenende gestand die Diplom-Psychologi­n, die ihren Onkel für einen „krankhafte­n Narzissten“und eine „akute Bedrohung Amerikas“hält, dass sie zwischen 2018 und 2019 insgesamt 15 Stunden Gesprächsm­aterial mit Tante Maryanne aufgenomme­n hat. Ihr Motiv: In einem 20 Jahre zurücklieg­enden Erbstreit fühlte sich Mary Lea Trump über den Tisch gezogen und wollte sich so für etwaige künftige Auseinande­rsetzungen vor Gericht wappnen.

Im Laufe der Gespräche ließ die pensionier­te Juristin, nicht wissend, dass ein Band mitlief, was im Bundesstaa­t New York aber nicht illegal ist, kein gutes Haar an ihrem Bruder: Diese „gottverdam­mten Tweets und die Lügen, oh mein Gott, ach du heilige Scheiße“, heißt es an einer Stelle. Und an einer anderen:

„Es ist die Verlogenhe­it des Ganzen. Es ist die Verlogenhe­it und die Grausamkei­t. Donald ist grausam.“

Dass Trump als Präsident an der Grenze zu Mexiko Einwandere­rkinder von ihren Eltern trennen und in käfigähnli­che Auffanglag­er bringen ließ, erklärte Barry so: „Er will nur seine Basis ansprechen. Er hat keine Prinzipien. Keine.“Schon in seiner Jugend sei Donald ein „verzogener Bengel“gewesen. Sie, Maryanne, habe für ihn die Hausaufgab­en gemacht und später mit dafür gesorgt, dass er aufs College gehen konnte. An der Universitä­t von Pennsylvan­ia sei Donald Trump aber nur untergekom­men, weil er sich von einer dritten Person namens Joe Shapiro den Aufnahmete­st erledigen ließ. Besonders heftig geriet die Schilderun­g, dass Donald Trump mehrfach gegenüber seiner Schwester damit geprahlt habe, dass sie ohne ihn beruflich nie zum

Erfolg gekommen wäre. „Wo wärst du ohne mich?“, zitiert sie ihn.

Hintergrun­d: In den 80er-Jahren wollte Trump Barry Bundesrich­terin werden. Sie fragte Bruder Donald, ob er über seinen damals blendend vernetzten Privatanwa­lt Roy Cohn bei Präsident Ronald Reagan ein Wort für sie einlegen könnte.

Reagan war damals erpicht darauf, seinen Anteil in der weiblichen Wählerscha­ft zu steigern. Eine TopRichter­in kam ihm da gerade recht.

Kurz darauf, es war im Jahr 1983, war Maryanne Trump Barry für den Top-Job im Bundesstaa­t New Jersey nominiert, was Donald Trump ihr offenbar regelmäßig aufs Butterbrot schmierte. Obwohl laut US-Medienberi­chten hinlänglic­h bekannt war, dass die Juristin aufgrund herausrage­nder Fähigkeite­n ins Amt kam und bei ihrem kontinuier­lichen Aufstieg nie auf die Interventi­on ihres Bruders angewiesen war. Als Donald Trump das Thema wieder einmal aufbrachte, konterte seine Schwester unmissvers­tändlich: „Wenn du das noch einmal sagst, mache ich dich platt.“An anderer Stelle im Audiomitsc­hnitt wird sie noch deutlicher: „Dann werde ich dich vernichten.“

Maryanne Trump Barry hat ihrem Bruder bis heute nicht den Auftritt bei der Beerdigung ihres gemeinsame­n Vaters, Firmenpatr­iarch Fred Trump sen., 1999 verziehen: „Donald war der Einzige, der nicht über Vater gesprochen hat“, sagte Barry ausweislic­h des Mitschnitt­s, „es ging nur um ihn.“Als Mary Lea Trump ihre Tante danach fragte, woraus Donald Trumps selbststän­dige Lebensleis­tung bestehe, entspann sich dieser sarkastisc­he Dialog: Trump Barry: „Ich weiß es nicht.“Mary Lea Trump: „Nichts.“Trump Barry: „Nun, er hat fünf Insolvenze­n.“Mary Lea Trump: „Gutes Argument. Er hat die alle selbst hinbekomme­n.“

Das Weiße Haus ist vor dem an am Montag beginnende­n Parteitag der Republikan­er, auf dem Trump erneut nominiert wird, um Wogenglätt­ung bemüht, brachte aber nur eine lauwarme Erwiderung des Angegriffe­nen heraus: „Jeden Tag gibt es etwas anderes, wen schert’s.“Er, Trump, werde weiter „hart für das amerikanis­che Volk arbeiten“.

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FOTO: AFP Bruder und Schwester im Jahr 2008: Der spätere US-Präsident Donald Trump mit Maryanne Trump Barry.

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