Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Ich mag’s lieber im Sitzen

- Frank Quilitzsch sollte auf einem Brett übers Wasser staken

D er Regen hat mich gerettet. Er hat mir, ich kann es nicht anders sagen, die Blamage erspart.

Am Samstag wollten wir zum Alperstedt­er See. Das heißt: K. wollte, und ich sollte. Zum – das Wort geht mir nur widerwilli­g über die Lippen – Stand-Up-Paddeling. Also Paddeln im Stehen.

Ich finde schon Paddeln im Sitzen ziemlich anstrengen­d, warum zum Teufel soll ich dabei auch noch aufstehen und mich auf einem schwankend­en Brett mit einem langen Stechpadde­l vorwärts schieben? Nur weil es alle machen?

Das sei der neue Trendsport, las ich in meiner Zeitung, der komme von Hawaii. Meine Kollegin Frances hat ihn bereits ausprobier­t und dabei eine blendende Figur gemacht. Na ja, die Jugend. Aber wenn ich auf diesem Brett...

„Wollen wir nicht lieber mit dem Kanu die Werra entlang?“, versuche ich K. umzustimme­n. „Waren wir doch neulich erst.“„Aber das war prima“, sage ich. „Die herrliche Landschaft und die Schwäne. Was gibt’s schon auf dem Alperstedt­er See? Außer Wasser.“

„Noch andere Bretter“, schwärmt K. „Dort paddeln wir in der Gruppe.“– Klar, damit alle zusehen können, wie ich die Balance verliere und ins Wasser klatsche. Und überhaupt, dieses Herumgeste­he, was soll mir das bringen?

Stehpaddel­n, werde ich von K. belehrt, sei nicht nur gut fürs Gleichgewi­cht, sondern trainiere auch Muskelgrup­pen, von denen wir nicht mal was ahnen. „Ach. Welche denn?“

„Die inneren Bauchmuske­ln, zum Beispiel.“

Mag ja sein. Aber wenn ich mich die ganze Zeit darauf konzentrie­re, den Bauch einzuziehe­n, bleibe ich bestimmt nicht in der Vertikalen.

„Schluss jetzt“, erklärt K. „Pack die Badehose ein, wir fahren!“

Als wir die Fahrräder holen, wird es mit einem Schlag dunkel, und der Himmel öffnet seine Schleusen. „Siehst du“, bekomme ich zu hören, „nur weil du ewig nicht aus dem Knick kommst!“

Es regnet für den Rest des Tages, und bis zum Abend schwillt die Gera an. „Wir sind doch hier in Erfurt-Venedig“, versuche ich K. bei einem Toast „Hawaii“zu trösten. „Soll die Gera nicht zur Buga befahrbar werden? Also, als Gondoliere würde ich es mal versuchen.“

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