Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Eiskalt erwischt
FC Rot-Weiß: Warum Trainer Robin Krüger den Treffer zum 0:1 gar nicht mitbekam
Erfurt. Im entscheidenden Augenblick ging es Robin Krüger genauso wie seiner Mannschaft. Er war unaufmerksam – und ein paar Sekunden später lag der Ball im eigenen Tor. „Gar nicht“, sagte der Trainer des FC Rot-Weiß Erfurt auf die Frage, wie er denn die Situation in der 59. Minute erlebt hat, die zum letztlich entscheidenden 0:1 (0:0) im Oberliga-Duell gegen den FC Grimma geführt hat.
Krüger jedoch war keineswegs in irgendwelche Träume versunken. Er ging einfach seiner Arbeit nach. An der Seitenlinie instruierte der 31-Jährige nämlich gerade einen seiner Spieler für dessen bevorstehende Einwechslung. Darius Amados sollte sein Debüt im Trikot des FC Rot-Weiß erleben und mit seinen stattlichen 1,91 Meter die Defensive der Thüringer verstärken.
In diesem Augenblick unterlief der Erfurter Elf jedoch der verhängnisvolle Moment, der zumindest die Hoffnungen auf einen Punktgewinn in nur wenigen Sekunden zunichtemachte. Nach einem taktischen Foulspiel des FC Rot-Weiß schaltete Grimma blitzschnell um und schickte Maximilian Sommer steil. Während sich die RWE-Abwehrspieler verdutzt anschauten, spazierte der 20-Jährige auf Schlussmann Luca Petzold zu und spitzelte den Ball über die Linie. „Ich muss mir die Szene später noch mal auf Video anschauen“, sagte Krüger.
Seine Wechselpläne waren damit ebenso über den Haufen geworfen. Denn die Hereinnahme von Amados hätte jetzt wenig Sinne gemacht. Schließlich musste nun die Offensive aktiviert werden, nicht die Abwehr. Aber die Sachsen verlegten sich nur noch darauf, die Erfurter Aktionen zu zerstören und so die drei Punkte über die Zeit zu retten. Grimmas Trainer entschuldigte sich hinterher für den wenig ansehnlichen Rasenkick. „Das war von uns nicht die beste Fußballkost. Aber hinterher fragt eh niemand mehr, wie wir die Punkte geholt haben“, sagte Alexander Kunert.
Um ans Ziel zu kommen, brauchte er jedoch Geduld. Grimma hatte darauf gesetzt, dass die junge Erfurter Mannschaft möglicherweise vor der eigenen Kulisse und angesichts des ersten Heimspiels in der neuen Liga das Nervenflattern bekommen würde. Aber nach nur fünf Minuten tauchte RWE-Angreifer Kaoa Kahlef vor dem Grimmaer Gehäuse auf. Auch der Nachschuss von Artur Mergel jedoch fand nicht den Weg ins Tor. „Da hat uns unser Schlussmann im Spiel gehalten“, so Kunert.
2146 Besucher hatte das Gesundheitsamt zur Heimpremiere in der fünften Liga zugelassen, schnell waren alle Tickets ausverkauft. Mal von der gesperrten Westtribüne abgesehen, verteilten sich die Fans über die komplette Arena. Selbst in der Südkurve mit den Stehplätzen hielten sich die Anhänger an die Abstandsregeln.
Unten auf dem Rasen wären die Erfurter Spieler beim Gegentor dagegen gut beraten gewesen, auf die Abstandsregel zu verzichten. Ansonsten nämlich zeigte die junge Mannschaft eine engagierte Leistung, die allerdings im Strafraum noch zu wenig Gefahr ausstrahlte.
Mal von den beiden Chancen zu Spielbeginn, einem 25-Meter-Freistoß von Donny Bogicevic (25.), dem Alleingang von Artur Mergel
(47.) oder der geblockte Schuss des vor allem in Halbzeit eins ziemlichen agilen Patrick Aguliar Alvarez
(67.) waren zu wenig, um den cleveren Gegner zu Fall zu bringen.
Noch eine halbe Stunde nach dem Abpfiff drang laute Partymusik aus der Kabine des Gegners, Jubelgesänge waren ebenso nicht so überhören. Das Kontrastprogramm lief auf der anderen Seite des Stadionganges ab – es herrschte Stille. „Die Enttäuschung ist natürlich groß. Es tut mir leid für die mehr als
2000 Zuschauer. Aber ich kann den Spielern keinen Vorwurf machen. Wir trainieren erst drei Wochen zusammen und brauchen noch Zeit“, sagte Trainer Robin Krüger. Er hatte genug gesehen, um sein Fazit zu ziehen. Selbst wenn er jenen verhängnisvollen Moment in Minute 59 gar nicht mitbekommen hatte.