Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Meister Meisen
Außenseiter überrascht bei den deutschen Straßenrad-Titelkämpfen auf dem Sachsenring. Brennauer beherrscht die Frauen-Konkurrenz
Hohenstein-Ernstthal. Pascal Ackermann war sichtlich bedient. „Das tut weh. Die Enttäuschung ist relativ groß, dass ich die Teamarbeit nicht vollenden konnte“, sagte der deutsche Sprintstar, nachdem ihm ein Querfeldeinfahrer bei den deutschen Straßenradmeisterschaften die Schau gestohlen hatte. Marcel Meisen holte sich auf dem Sachsenring völlig überraschend den Titel und fügte dem hochfavorisierten Bora-hansgrohe-Team einen empfindlichen Dämpfer sechs Tage vor dem Tour-de-France-Start zu.
Ackermann, Meister 2018, musste sich im Sprint nach 168 Kilometern mit dem zweiten Platz begnügen. Dritter wurde Alexander Krieger, Meisens Teamkollege beim
Rennstall Alpecin-Fenix. „Cool bleiben, und auf die eigenen Stärken vertrauen. Ich wusste, dass mir der Regen liegt. Auch der Anstieg vor dem Ziel kam mir entgegen. Ich habe gleich gemerkt, dass ich einen guten Punch habe. Ich habe die Corona-Zeit ganz gut genutzt“, sagte Überraschungssieger Meisen.
Den Querfeldein-Fahrer hatte niemand auf der Rechnung
Meisen, wer? Der 31-Jährige aus Stolberg ist eigentlich im Querfeldeinsport beheimatet, holte sich dort fünf Mal den deutschen Meistertitel – zuletzt Anfang des Jahres. „Ich kenne das Gefühl vom Cross, aber auf der Straße ist das eine andere Hausnummer“, sagte Meisen. Dort hatte ihn niemand auf der Rechnung. Nun tritt er die Nachfolge von Maximilian Schachmann an. Der gebürtige Berliner fehlte bei der DM wegen eines Schlüsselbeinbruchs.
Für Bora ist es eine Pleite vor der Tour, wo sie Emanuel Buchmann auf das Podium bringen wollen. Buchmann verzichtete auf eine Teilnahme. Der Ravensburger, der letzte Woche noch gestürzt war, setzte stattdessen seine Vorbereitung auf die Tour fort. Auch weitere Topfahrer wie Tony Martin, John Degenkolb oder Nils Politt hatten auf die Reise nach Sachsen verzichtet.
Die Meisterschaften fanden unter strikten Corona-Regeln statt. Nicht mehr als 1000 Zuschauer waren zugelassen, die Fahrer mussten außerhalb des Rennens einen Mund-Nasen-Schutz tragen.
Bei den Frauen hatte zuvor ExWeltmeisterin Lisa Brennauer ihren Titel aus dem Vorjahr verteidigt. Die 32-Jährige siegte nach 96 Kilometern vor Charlotte Becker und Tanja Erath. Für die Allgäuerin war es der dritte Titel im Straßenrennen.
„Das war alles andere als einfach. Meine Teamkolleginnen haben viel für mich gearbeitet. Ich bin froh, dass wir es geschafft haben“, sagte Brennauer, die bereits an diesem Montag bei der EM in Plouay im Einzelzeitfahren an den Start geht. „Das ist ein dichter Plan, aber ich habe mir die Strecke angeschaut. Ich weiß, was auf mich zukommt“, betonte Brennauer.