Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Vermisse das Trainerdasein nicht“
Was macht eigentlich...? Ex-Rot-Weiß-Spieler Holger Bühner lebt auch ohne Fußball gut
Gotha. „Es wird nie langweilig“, eröffnet Holger Bühner das Gespräch. Gesundheitlich geht es dem 54-Jährigen, der in einer Tankstelle in Schwabhausen arbeitet, nach eigenem Bekunden prächtig. „Aber ich habe dennoch viel um die Ohren. Meine Eltern sind beide pflegebedürftig“, sagt er. Das erfordert einige Fahrten vom Wohnort Bad Tabarz in die alte Heimat nach Schmalkalden und nimmt viel Zeit in Anspruch. Doch davon abgesehen, gibt es kaum Anlass zur Klage.
Man merkt: Bühner fühlt sich wohl im Lebensabschnitt nach dem Fußball, der einst fast die gesamte Zeit in Anspruch nahm. Nach Spielerstationen in Schmalkalden, Suhl, beim FC Rot-Weiß, dem VfB Leipzig, Rostock und Zwickau sowie Arnstadt-Rudisleben und Steinbach-Hallenberg war es sein fast neunjähriges Trainerdasein bei Wacker Gotha, welches die Tage ausfüllte.
Seit er im Sommer 2013 den damaligen Oberliga-Absteiger verließ, ist es ruhig geworden um den früheren Verteidiger, der beinahe zehn Jahre davon in Erfurt absolvierte. Es ist jedoch eine Ruhe, die Bühner genießt. „Ich hatte das damals für mich entschieden, weil der Aufwand, auch familiär, nicht mehr zu rechtfertigen war. Zunächst dachte ich immer, es geht nicht ohne. Aber die Erkenntnis war überraschend, dass es doch geht. Die Prioritäten verschieben sich halt im Leben“, blickt er zurück.
Neben der Pflege seiner Eltern sorgt ein Enkel für willkommene Abwechslung; sportlich ist er, wenn es die Zeit erlaubt, ab und zu auf dem Tennisplatz zu finden. Dabei ist es nicht so, dass der Fußball komplett aus seinem Leben verschwunden wäre. „Ich halte mich schon auf dem Laufenden, was in Thüringen so passiert, und schaue mir auch ab und zu ein Spiel in der Umgebung an, unabhängig von der Spielklasse“, sagt er. Doch der Blick von der Seitenlinie hinter der Barriere hat die Lust auf ein Traineramt deutlich abgelöst. Ob es nicht doch ab und zu juckt, mal wieder eine Mannschaft zu führen? „Nicht wirklich“, wirft er ein. „Klar ist es nicht emotionslos und es kommen immer wieder Erinnerungen hoch. Aber so, wie es bei uns mal war, ist es heutzutage nicht mehr. Man sieht manche Sachen mit einem anderen Auge. Und der Aufwand, der betrieben wird, übersteigt den persönlichen Gewinn. Außerdem geht selbst in unteren Ligen nicht mehr viel ohne Geld.“
Gleichwohl sind es zumeist schöne Erinnerungen, die aus der Trainerzeit in Gotha (1. Januar 2004 bis 30. Juni 2013) geblieben sind – trotz mäßigem Erfolg in der Oberliga, alljährlichem Abstiegskampf und personellen Nöten. „Im Nachhinein war es sportlich vielleicht nicht die erfolgreichste Zeit. Aber dass wir mit diesem Umfeld und Möglichkeiten mehrfach die Klasse gehalten haben, ist viel wert“, sagt Bühner.
Denn das Abenteuer bestritten die Gothaer jede Saison nicht nur mit einer sich stark verändernden Mannschaft, sondern einem recht schmalen Budget. „Jeder Spieler hat 150 Euro bekommen, dazu gab es noch kleine Siegprämien“, erinnert er sich zurück. Summen, die heutzutage mitunter zwei, drei Ligen niedriger bezahlt werden.
Dass da viel Enthusiasmus dazugehören musste, wussten die Spieler im Voraus. Denn neben tollen Erfahrungen wie einem Sieg über Lok Leipzig setzte es in der Fremde mitunter derbe Pleiten. „Wir sind mal nach Halle mit zehn Mann losgefahren, und von denen waren noch gefühlt zwei Alte Herren. Das hat natürlich nicht unbedingt zum Selbstbewusstsein beigetragen. Aber meine Jungs haben das akzeptiert wie Männer und sich nicht unterkriegen lassen“, sagt Bühner.
Wenn sich die alte Runde einmal im Jahr trifft, kommen Geschichten wie diese immer wieder auf den Tisch. „Nicht nur deshalb waren die menschlichen Erfahrungen wertvoller als die Spiele. Ich habe noch mit vielen Kontakt, da kann man nicht alles verkehrt gemacht haben, auch wenn das damals bei uns mitunter drastisch und nicht oberligawürdig war.“Was damals für hängende Köpfe sorgte, lässt heute ein Schmunzeln folgen.
Seine langjährigen Ex-Vereine aus Thüringen hat er auch heute noch im Blick. „Grundsätzlich sollte es für eine Stadt wie Gotha möglich sein, eine Verbandsligamannschaft zu stellen“, meint der Schmalkaldener. Während hier zumindest der Verein wie Suhl auf gesunden Füßen steht, sieht es vor allem seiner Heimatstadt düsterer aus. „Ich hoffe, dass das Theater in Erfurt reinigend und gut war. Man muss sich neu aufstellen und solide mit Leuten arbeiten, die einen Plan vom Fußball haben“, sagt Bühner, der um seinen ersten Verein trauert. „In Schmalkalden direkt wird ja gar kein Fußball mehr gespielt. Das ist schon ein wenig beschämend.“