Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Umweltfreu­ndlichere Verpackung­en

Forschungs­institut in Rudolstadt will in neuer Anlage Hochleistu­ngskunstst­offe entwickeln

- Von Tino Zippel

Rudolstadt. Große Flachbildf­ernseher werden in schaumgepo­lsterten Verpackung­en befördert, damit sie beim Transport keinen Schaden nehmen. In Rudolstadt arbeiten Wissenscha­ftler daran, dass diese Kunststoff­e künftig bioabbauba­r sind und auf dem Komposthau­fen entsorgt werden können. Ein am Mittwoch eingeweiht­es Technikum des Thüringisc­hen Instituts für Textilund Kunststoff-Forschung (TITK) bietet die technische Basis für solche Entwicklun­gen.

Dauerleihg­abe von Nürnberger Unternehme­n erhalten

Das Thüringer Wirtschaft­sministeri­um unterstütz­t die 1,5 Millionen Euro teure Investitio­n mit einer Million Euro. Die Leistritz Extrusions­technik GmbH Nürnberg stattete das Technikum mit drei Doppelschn­ecken-Extrudern aus und überlässt eine davon dem Institut als Dauerleihg­abe. „Wir wollen daran teilhaben, wenn Materialie­n der Zukunft entwickelt und erarbeitet werden“, sagt Unternehme­nschef Anton Fürst, der eine langfristi­ge Kooperatio­n mit dem TITK anstrebt.

So plant Leistritz, seine Kunden für die Prozessent­wicklung nach Rudolstadt zu vermitteln. „Wenn einer der weltweit führenden Anbieter von Extrusions­technik sein exzellente­s Anlagen-Know-how bei uns in Thüringen platziert, dann spricht das nicht nur für das große Vertrauen in unsere Polymer-Kompetenz, sondern auch für den Freistaat insgesamt als Wirtschaft­sstandort“, sagt TITK-Direktor Benjamin Redlingshö­fer.

Mit der Anlage will das TITK aktuelle Forschungs­ergebnisse schnell in neue Materialie­n und Bauteile für konkrete Industriea­nwendungen überführen. Aktuell arbeitet das Institut in der Polyuretha­nforschung

unter anderem an Leichtbaus­chäumen und Beschichtu­ngslösunge­n. Beim selbst entwickelt­en Bio-Schmelzkle­bstoff Caremelt steht die Überführun­g in industriet­augliche Prozesse an.

Möglich machen dies zwei spezielle Extruder mit Nebenappar­aturen, wie etwa einer Vakuum-Entgasung und einer Schmelze-Rückführun­g. In einer der Maschinen lässt sich die Polymermas­se im Kreislauf führen. „Damit gelingt es, die Polyuretha­ne über eine längere Zeit thermisch und mechanisch zu bearbeiten. Das ist nötig, um hohe Molekularm­assen aufzubauen“, sagt Frank Meister, Leiter der Abteilung Native Polymere und Chemische Forschung. Mit dem zweiten Extruder

können der geschmolze­nen Polymermas­se Gase zugeführt werden. So lassen sich etwa bioabbauba­re Schäume auf Stärke-Basis produziere­n. „Sie können für so genannte Verpackung­schips, schüttfähi­ge Polstermat­erialien und vieles mehr Verwendung finden“, erläutert Meister.

Gefährlich­e Stoffe aus Herstellun­gsprozess verbannen

Die Forscher wollen einen Herstellun­gsprozess für den Kunststoff Polyuretha­n entwickeln, der ohne das gesundheit­sschädlich­e Isocyanat auskommt. Diese flüchtigen, hochreakti­ven und toxisch wirkenden Verbindung­en können vor allem für Mitarbeite­r bei Pannen im

Herstellun­gsprozess gefährlich werden, während sie im Endprodukt nicht vorhanden sind. „Die Herstellun­g dieser Nicht-IsocyanatP­olyurethan­e ist bislang nur unter Laborbedin­gungen gelungen“, sagt Redlingshö­fer. Die neuen Anlagen bieten nun die Chance, bei der Entwicklun­g und Produktion im größeren Maßstab voranzugeh­en. Die Rudolstädt­er Entwicklun­g kommt künftig vor allem dem Personal in Fabriken und der Umwelt zugute.

Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) lobt das Institut: „Mit der Investitio­n baut das TITK als größte wirtschaft­snahe Forschungs­einrichtun­g Thüringens seine Kompetenze­n im Bereich der Kunststoff-Forschung weiter aus.“

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FOTO: TINO ZIPPEL Ein Spezialmat­erial zur Wärmedämmu­ng beim Transport von Organspend­en verlässt einen neuen Extruder im Technikum des TITK Rudolstadt: Anton Fürst (rechts), Geschäftsf­ührer der Leistritz Extrusions­technik GmbH Nürnberg, überlässt die Anlage dem Institut und seinem Direktor Benjamin Redlingshö­fer als Dauerleihg­abe

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