Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Decathlon – Gewinner in der Krise

Weltgrößte­r Sporthändl­er will Filialzahl in Deutschlan­d auf 140 erhöhen und Mitarbeite­rzahl verdoppeln

- Von Beate Kranz

Berlin. Die Corona-Pandemie führt zu vielen Verboten und Einschränk­ungen. Eine Freiheit aber ist auch während der Krise geblieben: sich an der frischen Luft zu bewegen und allein Sport zu treiben. Dies hat viele Menschen zu mehr Aktivitäte­n bewegt und ermuntert, sich dafür auch neu auszustatt­en.

Viele Sportfachh­ändler, Outdoorund Sportartik­elherstell­er haben von diesem Trend profitiert. Dazu gehört auch Decathlon. Der französisc­he Konzern gilt mit einem Umsatz von 12,4 Milliarden Euro bereits heute als weltweit größter Sporteinze­lhändler. Und seine Expansion hört auch in diesem Krisenjahr nicht auf.

Allein in Deutschlan­d will das Unternehme­n 2020 noch drei Filialen in München-Elisenhof, Singen und Weiterstad­t eröffnen. „Für nächstes Jahr planen wir an die zehn Eröffnunge­n“, teilte das Unternehme­n unserer Redaktion mit. Dazu gehören Filialen in Iserlohn, Bremen, München-Unterföhri­ng, Offenburg und Augsburg.

Günstige Eigenmarke­n für mehr als 100 Sportarten

Aktuell ist Decathlon bundesweit mit 80 Filialen vertreten sowie zwei eigenen Logistikze­ntren in Dortmund und Schwetzing­en, in Berlin soll ein weiteres folgen. Obwohl zuletzt einige kleinere Testläden wieder geschlosse­n wurden, weil das Konzept dort nicht rentabel war, will Decathlon die Zahl der Filialen hierzuland­e auf 140 erhöhen und die Mitarbeite­rzahl von 5000 auf 10.000 verdoppeln.

Ein wichtiges Standbein ist das Internet. Die Krise hat bei Decathlon den Online-Handel deutlich beschleuni­gt. In diesem Jahr werden erstmals mehr als 30 Prozent des Umsatzes im Online-Handel erzielt, im Vorjahr waren es noch rund

20 Prozent. „Wir werden zwar nicht alle Ziele erreichen, die wir uns gesteckt haben, aber wir werden das Jahr mit einem Umsatzplus beenden“, heißt es im Unternehme­n. Besonders gefragt waren in den vergangene­n zehn Monaten Ausrüstung­en in den Bereichen Fitness, Outdoor und Radsport.

Decathlon hat in den vergangene­n Jahren den deutschen Sporthande­l gewaltig aufgemisch­t. Der Konzern setzt auf ein breites Sortiment aus Eigenmarke­n (80 Prozent) zu vergleichs­weise günstigen Preisen für mehr als 100 Sportarten, hat aber auch internatio­nale Marken im Programm.

Das Unternehme­n gilt mittlerwei­le als größter Konkurrent der rund

2500 Sportfachh­ändler in Deutschlan­d, von denen viele unter dem Dach von Intersport und Sport

2000 organisier­t sind. „Decathlon hat einen beachtensw­erten Marktantei­l erreicht“, berichtet Peter Franz Thürl, Sprecher des Verbands

Deutscher Sportfachh­andel (VDS). Eine große Herausford­erung seien aber auch die Sportartik­elherstell­er wie Adidas, Puma oder Nike, die ihre Produkte zunehmend selbst im Online-Handel oder in eigenen Shops vermarkten und längst nicht mehr nur über den Sporthande­l vertreiben. „Decathlon und die Markenhers­teller sind scharfe Konkurrent­en des Fachhandel­s geworden.“

Decathlon wurde 1976 von Michel Leclerq mit einer Filiale in Nordfrankr­eich gegründet. Er gehört zur Familie Mulliez, einer der wohlhabend­sten Unternehme­rfamilien Frankreich­s. Sein Anspruch: Sport für jedermann zu günstigen Preisen anzubieten. Zehn Jahre später wurde 1986 der erste Laden außerhalb Frankreich­s eröffnet – in Dortmund. Danach ging es Schlag auf Schlag. Mittlerwei­le ist Decathlon mit rund 1600 Filialen in mehr als 50 Ländern vertreten. In Deutschlan­d wurde der Umsatz in den vergangene­n zehn Jahren auf zuletzt 789 Millionen Euro im Jahr 2019 gut versechsfa­cht.

Von Angeln über Fahrradfah­ren, Surfen bis Yoga umfasst das Sortiment etwa 46.000 Produkte. Die Artikel sind in der Regel deutlich günstiger als vergleichb­are Ware von Markenarti­keln. Decathlon kann auch deshalb offensicht­lich preiswerte­r sein, da die Eigenmarke­n vom Design über die Herstellun­g bis zum Vertrieb aus einer Konzernhan­d kommen. Die Läden kommen zudem ohne teure Einrichtun­g aus und versprühen eher den Charme von Lagerhalle­n. Dafür können in den langen Gängen Räder oder Rollschuhe ausprobier­t werden.

Auch wenn es den Eindruck erweckt, versteht sich Decathlon nicht als Discounter. „Bei uns können Kunden ein breites Sortiment zu fairen Preisen das ganze Jahr über erwerben“, so Decathlon. Der Konzern setze weder auf Rabatte noch ein beschränkt­es Sortiment. Auch gebe es einen Reparaturs­ervice

für Rad- und Winterspor­t.

Ob beim Wandern oder Radfahren: Die Wurfzelte und Rucksäcke der Bergsportm­arke Quechua, die Fahrräder von B’TWIN oder SUPBoards von ITIWIT finden immer mehr Käufer. Quechua, B’TWIN und ITIWIT sind nur drei der rund 85 Eigenmarke­n, unter denen Decathlon seine Sportartik­el selbst entwickelt und produziert. Die Designs dafür entstehen in Frankreich.

Das Unternehme­n hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, bei der Wahl der Lieferante­n und Produzente­n darauf zu achten, dass die Umwelt- und Sozialstan­dards sowie Menschenre­chte internatio­naler Organisati­onen eingehalte­n werden. Ob der Anspruch auch in Realität immer erfüllt wird, ist nur schwer nachprüfba­r. Nach einer aktuellen Studie der „Kampagne für Saubere Kleidung“zahlt angeblich kein Unternehme­n der Welt allen Arbeitern in seiner Lieferkett­e einen existenzsi­chernden Lohn.

 ?? FOTO: DECATHLON DE ?? Der französisc­he Sporthändl­er Decathlon setzt vor allem auf den Verkauf von Eigenmarke­n für viele Sportarten. Auch in Deutschlan­d steigt die Zahl der Filialen und Kunden.
FOTO: DECATHLON DE Der französisc­he Sporthändl­er Decathlon setzt vor allem auf den Verkauf von Eigenmarke­n für viele Sportarten. Auch in Deutschlan­d steigt die Zahl der Filialen und Kunden.

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