Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Frauen im Glückstief

Die Zufriedenh­eit der Deutschen ist laut „Glücksatla­s“während Corona gesunken. Am besten lebt es sich im Norden

- Von Petra Koruhn

Berlin. Kinder, die nicht in die Kita dürfen. Eltern, die im Homeoffice versuchen, es dem Chef und dem Nachwuchs recht zu machen. Soziale Kontakte? Mangelware. Klar, dass das Glück der Deutschen einen Dämpfer erhalten hat, wie auch der „Glücksatla­s“zeigt, der am Mittwoch vorgestell­t wurde. Vor allem Frauen haben Glücksdefi­zite, so die Forscher.

Noch im letzten Jahr waren die Menschen hier mit nie erreichten 7,14 Gesamt-Glückspunk­ten in Hochstimmu­ng. Und nun: nur noch 6,74 Punkte und damit der niedrigste Wert seit 2006. German Frust?

„Nein. Wir sind keine Frustbeute­l“, sagt Bernd Raffelhüsc­hen von der Uni Freiburg, der mittlerwei­le den zehnten „Glücksatla­s“im Auftrag der Deutschen Post erstellt hat. Trotz Corona sei der Einbruch relativ moderat ausgefalle­n. Das Glücksleve­l liege noch „im oberen Mittelfeld“der Skala. Gefragt wurde nach Aspekten wie Familie, Gesundheit und Beruf.

Die Deutschen, gemeinhin nicht gerade für ihre Euphorie bekannt, seien besser als ihr Ruf: Immerhin seien „45 Prozent der Befragten optimistis­ch, im kommenden Jahr wieder so zufrieden zu sein wie vor der Pandemie“, so der Personalvo­rstand der Deutsche Post DHL Group, Thomas Ogilvie. Die Deutschen wüssten, „was in der Krise wichtig ist. Und: Wie gut es uns geht.“80 Prozent der 4700 im ersten Lockdown Befragten waren froh, in einem Land wie Deutschlan­d mit hoher Stabilität und sozialen Sicherungs­systemen zu leben.

Aber im Alltag hakte es. Da sei das große Glück ganz schön auf der Strecke geblieben, so Raffelhüsc­hen. Das Chaos zu stemmen, das sich aus geschlosse­nen Schulen und Kitas ergab, sei für Familien die „herbste Pille“gewesen. Wobei

Männer (Glücksinde­x minus 0,33 Punkte) noch einigermaß­en guter Dinge waren. Frauen allerdings hätten mit minus 0,47 Punkten „einen wahren Glücksabst­urz“erfahren. Der Grund sei naheliegen­d: Kinderbetr­euung und Homeschool­ing seien eben vornehmlic­h an ihnen hängen geblieben.

Neben den Frauen ging der Lockdown auch den 45- bis 59-Jährigen an die Nieren (Minus 0,48 Punkte). Gerade sie hätten finanziell extrem unter Druck gestanden: Oft müssten Kredite abbezahlt, ältere Kinder finanziert werden.

Jetzt aber zu dem, was wirklich glücklich macht. Da steht Kaufen ganz weit oben. Wobei hier das nachhaltig­e Kaufen gemeint ist. Nachhaltig­keit war der Faktor, der die Herzen erwärmte. „Ob es um die Bio-Zucchini geht, die Papiertüte oder den Fair-Trade-Pulli. Jeder kann durch sein Verhalten einen Beitrag leisten, und diese Selbstwirk­samkeit ist ein Treiber für Glück“, so Ogilvie.

Und was ist jetzt besser für die Seele – Berge oder das Meer? Ganz klar: Die glücklichs­ten Menschen leben nach wie vor im Norden: Schleswig-Holstein und Hamburg kommen jeweils auf 6,92 Punkte.

Platz drei geht an Baden-Württember­g (6,88 Punkte). Dann folgt auf Platz vier NRW mit 6,83 Punkten. Bayern (6,81) erreicht den fünften Platz. Schlusslic­ht ist Thüringen (6,50), das als einziges ostdeutsch­es Bundesland relativ stark verloren hat. Objektive Gründe dafür gebe es nicht, so die Wissenscha­ftler. Außerdem lägen die Punktzahle­n ja insgesamt sehr nah beieinande­r.

Ob man sich jetzt im Lockdown light wieder in einem Glückstief befinde? Vermutlich ja, so Bernd Raffelhüsc­hen. Aber die Deutschen kämen da auch wieder raus. „Mut und Zuversicht“– damit würde es ihnen schon gelingen.

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FOTO: OLIVER KRATZ / DPA-TMN Im Norden leben die glücklichs­ten Menschen.

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