Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Regierung will Arbeitgebern in Kitas, Schulen und Pflegeheimen ein Auskunftsrecht zum Immunstatus der Beschäftigten geben – das sorgt für Kritik
Liebe Leserinnen, liebe Leser. Es ist die klassische Tantenund Onkelfrage: Was willst du denn mal werden? Erwartet wird dann, dass das Kind einen Berufswunsch nennt. Manche sagen ja, das sei schon ein Grundproblem, wenn das Werden sozusagen nur auf den Job begrenzt werde.
Das Erwachsenwerden erfordere mehr als die Berufswahl und das Leben sollte nicht auf die Arbeit reduziert werden. Aber das Problem haben wir in anderer Hinsicht ja auch, wenn Menschen von WorkLife-Balance sprechen und damit einen Trennstrich zwischen ihrem gelebten Leben und dem Broterwerb ziehen. Für viele ist Arbeit mehr als das halbe Leben.
Zurück zur Ausgangsfrage: Was willst du mal werden? Tierärztin und Polizist. Das sagen vor allem die Kleinen. In den Grundschuljahren kommen Lehrerin, Wissenschaftler, Tierpflegerin und Feuerwehrmann hinzu. Und immer öfter
Ist das Erbe Angela Merkels noch zu retten? Oder muss sich die Union erstmals seit Jahren im Bund wieder mit der Oppositionsrolle anfreunden? Wie das ist, davon können den Berlinern ja die Thüringer Parteifreunde berichten.
„Opposition ist Mist.“Diesen Satz von SPD-Urgestein Franz Müntefering würden sicher auch der freistaatliche CDU-Chef Christian Hirte und Landtagsfraktionsvorsteher Mario Voigt unterschreiben.
Momentan sieht es mau aus. Christdemokraten und Christsozialen gehen die Wähler von der Fahne. Der einst als „Scholzomat“verspottete Olaf Scholz dagegen beschert der SPD ein demoskopisches Hoch, von dem kaum ein Sozialdemokrat zu träumen wagte.
Der Schuldige für die Talfahrt der Union ist leicht ausgemacht: Armin Laschet. Bei der rheinischen Frohnatur, im Hauptamt NRW-Ministerpräsident, läuft zurzeit fast gar nichts rund. Er lächelt inmitten der Flut und muss einräumen, es ebenfalls beim Bücher schreiben mit dem Zitieren nicht so genau zu nehmen. Damit und mit einigen Patzern mehr reißt er seine Partei in den Abwärtssog.
Am Freitag tingelte Laschet durch Thüringen. Aber ob die heimischen Bundestagskandidaten in Apolda, Eisenach und Erfurt davon wirklich profitieren? Kaum vorstellbar, oder zumindest schwer zu sagen.
Bereits im Vorfeld gab es Kopfschütteln – und zwar über die wenig professionelle Werbung für den Spitzenkandidaten. sagen offenbar Jungs, dass sie gerne Fußballprofi würden. Auffällig ist zudem: Wenn Mädchen und Jungen die Grundschule hinter sich haben, werden ihre Angaben zum Wunschberuf immer spärlicher. Womöglich eröffnet sich ihnen in diesem Alter, dass es ja noch so viele andere Möglichkeiten gibt.
Vielleicht haben sie aber vor allem zu wenig Anbindung an die Arbeitswelt. Jetzt mal abgesehen vom Homeoffice der Eltern. Wer darf als älteres Kind schon mit an den Arbeitsplatz? Praktika werden erst später angeboten. Es tut sich also eine Lücke auf zu den Berufsheldenbildern derjenigen, die im Kindergarten und in der Grundschule sind.
Wer möchte, dass angehende Teenager einen möglichst vielfältigen Einblick in die Berufswelt erhalten, sollte sich dieses Themas also annehmen. Dann fällt die Antwort auf die Frage nach dem Beruf umfassender aus. g.sommer@tlz.de
Gleich zweimal gingen Plakate, die für Laschets Kommen trommelten, gehörig schief.
Beim Ersten waren dem Thüringer CDU-Landesverband offenbar die Konsonanten ausgegangen: An zwei nicht ganz unwichtigen Stellen fehlten ein „h“und ein „n“: Der ehemalige und langjährige Fraktionsvorsitzende und Landeschef wurde fälschlicherweise zu Moring und die erfahrene finanzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion hieß auf einmal Tillman. Mike Mohring und Antje Tillmann dürften wenig amüsiert gewesen sein.
Das zweite Motiv glich eher einer Steilvorlage für die „Heute Show“oder für andere ComedyFormate. Man fragte sich spontan, ob dem Politikexperten Mohring das Fingerspitzengefühl für gute PR abhandengekommen war. Neben dem sehr weichgezeichneten Porträt Laschets, der sich um die späte Mittagszeit auf dem Apoldaer Marktplatz angesagt hatte, prangte farblich schön auffällig abgesetzt der Hinweis: „Bier und Bratwurst 1€“.
Dieser Dumpingpreis hatte was von Rudis Resterampe, bei dem der Mann, der Kanzler werden will, zwischen erster und zweiter Corona-Impfung mit verhökert wird. Der Spott im Netz ließ nicht lange auf sich warten und reichte von: „Ab wie vielen Bratwürsten bekommt man einen Laschet gratis dazu?“bis „Da bin ich erleichtert, dass ich weitgehend vegan lebe“.
Das verzweifelte Motto der CDU scheint mittlerweile zu sein: Hauptsache, die Leute reden über uns. Egal wie.
Berlin.
Es ist die Gretchenfrage der Pandemie: „Wie hältst du’s mit dem Impfen?“In der Nacht zu Freitag hat die Regierungskoalition ein Auskunftsrecht für Arbeitgeber beschlossen: Beschäftigte in Kitas, Schulen und Pflegeheimen müssen demnach künftig Auskunft über eine Corona-Impfung oder eine überstandene Covid-19-Erkrankung geben. Das sorgt für Kritik von zwei Seiten: Den einen geht die Regelung zu weit, den anderen nicht weit genug.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte den Vorstoß bereits Anfang der Woche gemacht, nachdem der Arbeitgeberverband BDA die Regierung dazu gedrängt hatte. Spahn erinnerte nun daran, dass etwa in Kliniken seit vielen Jahren „aus gutem Grund“gelte, dass ein Arbeitgeber seine Beschäftigten im Patientenkontakt fragen dürfe, ob sie gegen Infektionskrankheiten geimpft seien. Diese Möglichkeit soll nun zunächst nur auf die Bereiche Pflege, Kita und Schule ausgedehnt werden und auch nur während der festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite gelten. Eine weiter gefasste Auskunftspflicht, etwa um auch das Arbeiten im Großraumbüro zu ermöglichen, soll es jedoch nicht geben.
Begründet wird das Vorhaben im gemeinsamen Antrag von Union und SPD damit, dass in den betroffenen Einrichtungen „besonders vulnerable Personengruppen betreut werden oder untergebracht sind beziehungsweise aufgrund der räumlichen Nähe zahlreiche Menschen einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind“. Arbeitgeber könnten durch die Informationen die Arbeitsorganisation so ausgestalten, „dass ein sachgerechter Einsatz
Beschäftigte in Kitas, Schulen und Pflegeheimen müssen ihren Arbeitgebern künftig Auskunft über eine CoronaImpfung oder eine überstandene Covid-19-Erkrankung geben. Doch es regt sich Widerstand.
des Personals möglich ist und gegebenenfalls entsprechende Hygienemaßnahmen treffen“. Die Daten sollen direkt beim Beschäftigten zu erheben sein. „Die Freiwilligkeit der Entscheidung über die Inanspruchnahme von Impfschutz bleibt unberührt“, stellt der Entwurf klar. Die Neuregelung soll am Dienstag im Bundestag beschlossen werden.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, begrüßte das Vorhaben und sagte: „Kranke, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wollen sicher sein, dass der Immunstatus von medizinisch-pflegerischen Beschäftigten bekannt ist.“Bei den Lehrervertretern dagegen stieß die Einigung auf ein geteiltes Echo.
Die deutschen Schulleiter begrüßten den Beschluss: „Ich halte die geplante Neuregelung insbesondere für Schulen für äußerst sinnvoll“, sagte Gudrun Wolters-Vogeler, Vorsitzende des Allgemeinen Schulleitungsverbands Deutschland, unserer Redaktion. „Lehrkräfte haben in ihrem Beruf viele persönliche Kontakte und ständig wechselnde Schülergruppen. Es geht darum, diese Schülerinnen und Schüler vor Corona-Ansteckungen zu schützen.“Es werde sich für die Schulleiter dadurch allerdings wenig ändern: „Ein Recht der Schulleitung auf eine Impfabfrage bei den Lehrkräften verändert unseren bisherigen Arbeitsalltag kaum“, so Wolters-Vogeler. Es habe bereits von April bis Ende Juli eine Testpflicht für Lehrkräfte bestanden. Nur wer geimpft ist, sei davon ausgenommen gewesen. „Damit haben die Schulleitungen schon jetzt einen Überblick, wer ungeimpft ist.“
Der Deutsche Lehrerverband dagegen lehnt eine Impfabfrage als zu tiefen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte ab: „Das Ziel eines hohen Gesundheitsschutzes im Schulbereich lässt sich auch auf anderem Wege erreichen, beispielsweise durch die 3G-Regel“, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger unserer Redaktion. „Nach der 3G-Regel bleibt es den Betroffenen überlassen, ob sie einen Impfoder Genesungsnachweis vorlegen oder eine tägliche Testung machen. Diese 3G-Regel sollte für Schüler und Lehrkräfte gleichermaßen gelten.“
Eine Impfauskunftspflicht sei zudem nur dann plausibel, wenn die Nichtimpfung zu Sanktionen führe. Es sei aber völlig unklar, welche Maßnahmen der Dienstherr oder die Schulleitung bei nichtgeimpften Lehrkräften ergreifen dürfe. „Dürfen dann diese keinen Präsenzunterricht mehr erteilen, keine Klassenfahrt begleiten, keine Pausenaufsicht mehr machen oder müssen diese grundsätzlich Maske tragen oder sich eben testen lassen?“, so Meidinger. Seine Sorge: dass die Impfauskunftspflicht nichts anderes als die Vorstufe zu einer Impfpflicht für den Schulbereich sei.
Kritik kam auch von den Arbeitgebern – ihnen geht die Regelung nicht weit genug, da für die allermeisten Betriebe nach wie vor keine Auskunftspflicht geplant ist. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) pochte ebenfalls auf eine umfassende Lösung. Den Plan der Koalition für die Beschäftigten in Kitas, Schulen und Pflegeheimen nannte Altmaier einen „ersten wichtigen Schritt“. Er sei aber überzeugt, dass weitere Schritte notwendig und erforderlich sind.
nJens Spahn