Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Zölibat als freiwillig gelebte Lebensform
Der katholische Weihbischof reagiert auf einen Leserbrief, der sich mit der Sexualmoral der Kirche befasste. Er schreibt:
Mit diesen Zeilen möchte ich einige Korrekturen im Leserbrief von Klaus Heyder aus Erfurt anbringen.
1. Das Zölibatsversprechen wird bei der Diakonenweihe erbeten und nicht bei der Priesterweihe. Bei mir war es der 16. Dezember 1978 (Diakonenweihe) und nicht der 30. Juni
1979 (Priesterweihe). Das Zölibatsversprechen wird erst seit dem Jahr
1073 von römisch-katholischen Weihekandidaten erwartet.
2. In der römisch-katholischen Kirche leben auch verheiratete Priester. Sie gehören dem unierten Ritus an, das heißt ihre Liturgie und ihr Kirchenrecht entsprechen der byzantinischen Tradition. Dort wird vor der Diakonenweihe entschieden, ob ein Priesteramtskandidat verheiratet oder nicht verheiratet leben möchte. Nach der Hochzeit wird dann die Diakonenweihe gespendet und später die Priesterweihe. Wenn ein Kandidat nicht heiraten möchte, tritt er in den Mönchsorden ein. In der byzantinischen Tradition leben nur die Bischöfe zölibatär, das heißt, aus dem Kreis der Mönche werden die Bischöfe gewählt.
3. Unter Punkt A 3 in der MHG-Studie (von der Deutschen Bischofskonferenz beauftragte wissenschaftliche Studie über sexuellen Missbrauch) wird mitgeteilt, dass ein Zusammenhang zwischen Zölibat und sexuellem Missbrauch wissenschaftlich nicht erwiesen ist.
4. Das Argument, dass durch den Zölibat verhindert werden sollte, dass Kirchenvermögen weitervererbt wird, ist deshalb schon anzuzweifeln, da bis heute die Priester nicht Eigentümer des Kirchenvermögens sind, sondern es mit dem Kirchenvorstand einer Pfarrei verwalten. Persönliches Eigentum wird per Testament weitergegeben. 5. Ich gebe zu, dass es schwierig ist zu verstehen, dass ein Leben für den Glauben mit solchen Konsequenzen wie der Ehelosigkeit als sinnvoll angesehen wird. Ich möchte mich jedoch stellvertretend für die 170 römisch-katholischen und zölibatär lebenden Priester im Bistum Erfurt dagegen verwahren, ihre freiwillig gelebte Lebensform als unmenschlich und erzwungen zu bezeichnen. Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, Bischofsvikar für die Priester und Diakone im Bistum Erfurt
Wir freuen uns über Ihre Leserbriefe. Sie sind keine Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, Texte auszuwählen und gegebenenfalls zu kürzen. Bitte schreiben Sie mit Ihrem vollen Namen mit Adressangabe und Telefonnummer an leserbriefe@tlz.de