Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Strom-Gutschein vom Staat?

EU-Kommission legt Konzept gegen steigende Energiepre­ise vor – dazu gehören Steuersenk­ungen und Gutscheine

- Von Christian Kerl Brüssel.

Die explodiere­nden Energiepre­ise alarmieren die Europäisch­e Union. EU-Energiekom­missarin Kadri Simson sagte am Mittwoch, der weltweite Preisansti­eg sei ein „Anlass zur Besorgnis“, es handele sich um eine „Ausnahmesi­tuation“. In Europa müsse jetzt schnell und koordinier­t reagiert werden, um vor allem besonders gefährdete Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r sowie kleine Unternehme­n in diesem Winter zu entlasten.

Die Kommission legte dazu in Brüssel eine ganze Liste möglicher Maßnahmen vor, die die nationalen Regierunge­n der EU-Staaten zügig umsetzen könnten, ohne gegen die EU-Subvention­sregeln zu verstoßen. Zu den Instrument­en des „Werkzeugka­stens“gehören Notfall-Einkommens­unterstütz­ungen für Haushalte, Beihilfen für Unternehme­n und gezielte Steuersenk­ungen.

So könnten zum Kampf gegen Energiearm­ut Gutscheine ausgegeben werden oder Energierec­hnungen finanzschw­acher Haushalte teilweise vom Staat übernommen werden, wofür die Regierunge­n auch Einnahmen aus dem Emissionsh­andel verwenden dürften. Auch Zahlungsau­fschübe oder Vorkehrung­en zum Schutz vor Stromabsch­altungen schlägt die Kommission vor.

Die Maßnahmen sind so ausgewählt, dass sie sich bei einer Stabilisie­rung der Preisentwi­cklung – die für das kommende Frühjahr erhofft wird – schnell ändern oder wieder zurücknehm­en lassen. Die Energiepre­ise – vor allem bei Gas – sind seit Januar stark gestiegen, in Europa lagen sie im September um 17,4 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Kurzfristi­ge Entlastung ist nach Brüsseler Einschätzu­ng nicht in Sicht.

Zahlreiche EU-Länder haben bereits solche Initiative­n von sich aus ergriffen: Frankreich etwa deckelt die Gaspreise bis zum Frühjahr und gibt Schecks für arme Haushalte aus, Griechenla­nd kündigt Strompreis-Subvention­en an, Spanien hat die Stromsteue­r gesenkt, Italien legt einen Entlastung­sfonds auf. Die Bundesregi­erung zeigt sich allerdings unbeeindru­ckt und bleibt auch nach den EU-Vorschläge­n bei ihrer Linie, keine neuen staatliche­n Maßnahmen gegen die steigenden Energiepre­ise zu ergreifen. Dies bleibe der nächsten Regierung vorbehalte­n, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) hat zwar unter anderem ein schnelles Aus für die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom und eine Senkung der Stromsteue­r vorgeschla­gen, er will dies aber erst mit den Vertretern einer künftigen Ampel-Koalition besprechen.

Die EU-Kommission plant längerfris­tig auch Reformen, die den Energiemar­kt robuster machen sollen. Geprüft wird ein europaweit gemeinsame­r Einkauf von Erdgas und der Aufbau einer europäisch­en Gasreserve. Doch betonte Energiekom­missarin Simson, dass auf längere Sicht nur der Ausbau erneuerbar­er Energien größere Unabhängig­keit von den Preisschwa­nkungen an den Energiemär­kten biete.

 ?? FOTO: ARIS OIKONOMOU / AFP ?? EU-Energiekom­missarin Kadri Simson bei der Präsentati­on des Energiepre­isPlans in Brüssel.
FOTO: ARIS OIKONOMOU / AFP EU-Energiekom­missarin Kadri Simson bei der Präsentati­on des Energiepre­isPlans in Brüssel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany