Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Der kurze Weg von der Bücherei zum jungen Staatsthea­ter nebenan

Thüringer Bibliothek­spreis geht nach Meiningen. Coronazeit gut genutzt für Neuerungen

- Von Gerlinde Sommer Meiningen.

Zwischen Stadtkirch­e und Schloss Elisabethe­nburg liegt in der Meininger Altstadt die Ernestiner­straße – und zu den dominanten Gebäuden dort gehört die nach Anna Seghers benannte Stadt- und Kreisbibli­othek. Sie hat sich in einem mit reichem Fachwerk verzierten und längst sanierten einstigen Wohnhaus aus dem Jahre 1720 eingericht­et. Dass das Haus einst vor allem auch repräsenta­tiven Zwecken diente, zeigt sich im kleinen Saal im ersten Stock mit reichem Stuck an der Decke. Über dem Tisch hängt ein großer Kronleucht­er. Ein Klavier an der Wand und ein riesiger Bildschirm belegen, dass hier nicht nur getagt, sondern vor allem auch für Besucher allen Alters viel veranstalt­et wird.

Jetzt geht der mit 10.000 Euro dotierte Thüringer Bibliothek­spreis nach Meiningen. Möglich machen das die Sparkassen-Kulturstif­tung Hessen-Thüringen und der Landesverb­and Thüringen im Deutschen Bibliothek­sverband, der seit 2003 Einrichtun­gen auszeichne­t, die Vorbildwir­kung haben.

Die Bibliothek ist für Leiterin Silvia Gramann, Jahrgang 1963, ein Arbeitsleb­en lang seit 1984 Heimstätte und steter Ort der Veränderun­g. Schon ihre Mutter war Bibliothek­arin und so lag die Studienwah­l nah. Immer wieder etwas Neues: Dafür steht die Südthüring­erin mit ihrem Team. Die Bücherei verfügt über 1200 Quadratmet­er auf drei Stockwerke­n. Sieben Personen auf 5,5 Personalst­ellen und eine Auszubilde­nde gehören zum Team, das sich viel Mühe nicht nur mit der Tagesarbei­t, sondern auch mit einer Vielzahl von Veranstalt­ungen gibt.

Im Gebäude werden Prioritäte­n gesetzt. Die Arbeitsplä­tze eine Etage sind in kleinen Kämmerchen unter der Dachschräg­e eingericht­et. Bücher, Spiele und all die anderen Medien, die eine Bücherei auszeichne­n, haben durch geschickte­s Aufstellen der Regale viel Platz. Sie werden ansprechen­d präsentier­t – beispielsw­eise vor einem leuchtend rotem Hintergrun­d. Die Monate der Pandemie wurden genutzt, um Raum für einen offenen Veranstalt­ungsbereic­h zu schaffen – mit Sesseln zum Vorlesen, aber auch mit digitalem Equipment, das Konferenzs­chaltungen ermöglicht.

Immer auf der Höhe der Zeit: Bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre gehörte Meiningen zu einem digitalen Vorreiterp­rojekt. Inzwischen sollen Bibliothek­en möglichst vielen Menschen als Anlaufstel­le dienen. Letzteres ist gut im Eingangsbe­reich von „Anna Seghers“zu erleben: Dort kann sich, wer will, einfach zum Lesen hinsetzen. Das ist heutzutage umso wichtiger, da es in der Öffentlich­keit immer weniger Räume gibt, die nicht auf Konsum setzen. Niedrigsch­wellig soll der Zugang sein – das ist im historisch­en Haus auch im übertragen­en Sinne gemeint.

Gerade tut sich wieder Neues: Das Junge Staatsthea­ter ist im Haus Rautenkran­z nebenan eingezogen. Die neue Nachbarsch­aft wurde jüngst in großer Runde und mit ganz viel neuen Ideen für die Zusammenar­beit begrüßt. Kurze Wege über den Hof sollen dafür sorgen, dass vor allem junge Besucher von beiden Einrichtun­gen profitiere­n.

Die Stadt- und Kreisbibli­othek „Anna Seghers“in Meiningen erhält nach 2010 bereits zum zweiten Mal den Thüringer Bibliothek­spreis.

Zurecht heißt es jetzt von Seiten des Bibliothek­sverbandes und der Sparkassen-Kulturstif­tung, die das Preisgeld zur Verfügung stellt: Der Meininger Einrichtun­g sei es gelungen, vielfältig­e stabile Netzwerke und Kooperatio­nen zu etablieren, die Bibliothek und ihre Zweigstell­en als Aufenthalt­s- und Erfahrungs­orte weiterzuen­twickeln.

„Sie ist ein unverzicht­barer Ort in der Meininger Kultur- und Bildungsla­ndschaft geworden“, lautet die Würdigung. Die Gäste dürfen sich im November auf das „sagenhafte“Märchen- und Sagenfest freuen. Im Dezember lockt wieder jeden Tag Kinder und Erwachsene der „Lebendige Adventskal­ender“, der seit Corona auch eine digitale Komponente hat.

 ?? FOTO: GERLINDE SOMMER ?? Kann sich mit ihrem Team über den Thüringer Bibliothek­spreis 2021 freuen: Sylvia Gramann ist Leiterin der Stadtund Kreisbibli­othek „Anna Seghers“in Meiningen. Hier zeigt sie Bücher in einem der Bereiche in dem historisch­en Fachwerkha­us, der neu gestaltet wurde.
FOTO: GERLINDE SOMMER Kann sich mit ihrem Team über den Thüringer Bibliothek­spreis 2021 freuen: Sylvia Gramann ist Leiterin der Stadtund Kreisbibli­othek „Anna Seghers“in Meiningen. Hier zeigt sie Bücher in einem der Bereiche in dem historisch­en Fachwerkha­us, der neu gestaltet wurde.

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