Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Ein Bürstlein ersetzt das Putzen mit Sägespänen
Thüringer Tüftler und ihre Erfindungen Christoph Hellwig entwickelte um 1700 die Zahnbürste
Eine Kleinstadt um 1700: Krankheiten greifen regelmäßig um sich, das Trinkwasser ist oft verunreinigt – die städtische Hygiene steckt in den Kinderschuhen. Da beobachtet ein Stadtphysikus die Bürstenmacher bei der Arbeit. Abrupt der kommt Geistesblitz: Daraus ließe sich doch ein Zahn-Bürstlein machen. Diese Anekdote hört sich fast zu ideal an, um wahr zu sein. Wie auch immer Christoph Hellwig zu seiner Erfindung gekommen sein mag: Sie ist wortwörtlich bis heute in aller Munde. Lange war der Ursprung der Zahnbürste und ihr Erfinder jedoch in Vergessenheit geraten. Bis ein Kalenderblatt auf ihn aufmerksam macht. müssen sich die Leute noch mit kurios anmutenden Zahnpflegemethoden begnügen. Die Zähne werden mit Stöckchen, Läppchen, Fäden oder Leinentuch gereinigt oder es werden Sägespäne gekaut. Hellwigs Zahnbürste aus einem Holzoder Metallstiel und einer Pferdehaarbürste ist da sicher praktikabler und angenehmer. Er bietet in seinem Versandhandel neben den selbst fabrizierten Pillen und Tinkturen auch das Zahn-Bürstlein an. Aber der Medikus kreiert auch Zahnpulver, Zahnbalsam oder Zahnwasser aus Stoffen wie gebranntem Weinstein, Hirschhornsalz, Alaun, Korallenpulver, Rosenhonig, Salbei, Rosmarin, Löffelkraut-Spiritus, Akelei und süßem Salzgeist. Der Versandhandel wird für Hellwig außerordentlich lukrativ, erklärt Renate Sommer: „Die Einnahmen aus dem Versandhandel waren wohl höher als sein Gehalt als Stadtphysikus. Dies war auch ausschlaggebend für seine Umsiedelung nach Erfurt im Jahr 1712.“Nach seinem Tod 1721 gerät
Hellwig jedoch schnell in Vergessenheit. Auch in der Stadt Bad Tennstedt ist der Name des großen Erfindergeistes über fast zwei Jahrhunderte vergessen. Erst durch einen Zufall wird die große Bedeutung Hellwigs für Bad Tennstedt bekannt. Am 10. August 1991 wird der damalige Ortschronist Kurt Heinz auf das tagesaktuelle Kalenderblatt aufmerksam. In diesem wird der Stadtphysikus Christoph von Hellwig