Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Als der Alltag den Atem anhielt
Eine Ausstellung im Landtag zeigt Bilder von Fotografen dieser Zeitung. Sie dokumentieren die Auswirkungen der Pandemie in Thüringen
Als Stefanie und Steffen Küster ihre Hochzeit planten, war Corona kaum mehr als ein unbekanntes Virus auf einem Markt in China. Ein halbes Jahr später hatte es den Alltag der Menschen auf den Kopf gestellt. Sie dachten schon, erzählt das Paar, sie müssten die Hochzeit verschieben, aber dann standen sie am 15. Mai 2020 vor dem Standesamt von Nordhausen. Ihre Masken trugen das eingestickte kleine große Wörtchen des Tages: Ja. Dass Fotograf Marco Kneise in diesem Moment vorbeikam, war Zufall. Aber er erkannte auf den ersten Blick das Symbolhafte dieses Bildes. Die Pandemie, die in die persönlichsten Bereiche
eingreift. Aber Liebe kennt keinen Lockdown. Manchmal liegt das Glück des Fotografen im richtigen Augenblick. So entstand das Titelfoto des Fotojournals. „Corona in Thüringen“
„Für uns ist das bis heute etwas besonders“, sagen sie. Das Paar war zur Eröffnung der Ausstellung im Landtag gekommen, die seit Mittwoch ausgewählte Bilder aus diesem Journal zeigt. Momente eines Alltags in der Pandemie, eines Lebens im Ausnahmezustand, die Fotografen der Funke Medien Thüringen in den ersten Monaten eingefangen haben. In geschlossenen Schulen, entvölkerten Innenstädten, leeren Sportstätten… Bilder aus einer Zeit großer Veränderungen
und großer Verunsicherungen, wie es Landtagspräsidentin Birgit Keller beschrieb. Und gleichzeitig habe die erzwungene Distanz zuweilen eine erstaunliche Nähe erzeugt: Balkonkonzerte, oder die durch ein Fenster gereichte Einkäufe für die Nachbarin. Die Menschen haben auf besondere Weise Zusammenhalt entdeckt, Kreativität entwickelt, ihren Humor nicht verloren. Auch davon erzählen diese Fotografien.
Bilder aus einer Zeit auch, die vielleicht die größten Herausforderungen für Journalisten war, wie Jan Hollitzer, Chefredakteur der Thüringer Allgemeine bemerkte. Weil sie Chronisten waren und gleichzeitig betroffen, wie alle anderen auch.
Und diese Zeit habe die Stärke regionaler Medien deutlich gemacht, man habe einen sehr hohen Bedarf an gesicherten Informationen gespürt, die den Alltag der Menschen unmittelbar betreffen. „Das bestätigt uns in unserer Arbeit.“
Bis zum 19. November werden die Bilder in den Gängen des Landtags zu sehen sein, zugänglich auch für Besucher. Denn das Haus, so die Landtagspräsidentin, verstehe sich immer auch als Ort des Meinungsaustauschs. Das kann man als eine Einladung werten.
Die Ausstellung kann an Wochentagen von 8 bis 18 Uhr besucht werden. Anmeldung: 0361/377 2811 oder E-Mail: ausstellungen@thueringer-landtag.de