Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Erstaunlich viele Eheringe verloren
Erfurter Fundsachen-Auktion bot ein Auto, wertvolle Uhr und 185 Fahrräder
Was so alles verloren geht in Erfurt! Allein 180 Fahrräder kamen zur öffentlichen Versteigerung von Fundsachen im Hof des Bürgeramtes am Dienstagnachmittag unter den Hammer. Den Höhepunkt für Schnäppchenjäger aber gab es gleich zu Beginn: Unter Positionsnummer 1 gab es einen weißen VW Polo, Baujahr 2017, zu ersteigern. Aufgerufen wurde ein Mindestgebot von 900 Euro.
Für 3800 Euro fand er nach einem rasanten Bieterwettstreit einen neuen Eigentümer. Der allerdings hat die Katze im Sack gekauft: Da Schlüssel für das Auto-Fundstück fehlen, konnten Interessenten weder in den Innenraum, auf den Motor oder auf den Kilometerstand des Fahrzeugs einen Blick werfen, wie Christiane Bernuth erklärt, die mit ihrer Firma Sky Sensation seit Jahren im Auftrag der Stadt die Fundstücke versteigert.
„Am Ende ist das der Preis, den der Markt zu diesem Zeitpunkt hergibt“, sagt die öffentlich bestellte und vereidigte Auktionatorin. Sie hat am Dienstag insgesamt rund 10.000 Euro für die Stadtkasse eingenommen. Dass etliche Fahrräder ohne Interessenten blieben, führt sie auf das wechselhaft-ungemütliche Wetter zurück. Coronabedingt fand die Fundsachen-Auktion zum zweiten Mal nicht im Haus der sozialen Dienste, sondern auf dem Parkplatz des Bürgeramtes statt.
An Kuriositäten hatte die Auktion dieses Mal weniger zu bieten. Auf Beutel mit unbekanntem Inhalt oder diverse Bekleidungsstücke wurde dieses Mal unter freiem Himmel weitestgehend verzichtet, in der Hauptsache ging es darum, das Fahrradlager des Fundbüros zu beräumen. Eines aber sei erstaunlich, sagt die Auktionatorin: „Erstaunlich viele Eheringe sind dieses Mal dabei gewesen“. Die Frage nach dem „Warum?“kann auch sie nicht beantworten.
Lagen die Startpreise der insgesamt 230 Positionen – darunter auch für Kinderwagen, Armbänder, Ohrringe, Taschenrechner und einen Gitarrenverstärker – stets bei einstiegsfreundlichen zwei Euro, fiel neben dem Auto-Mindestgebot eine Sammelposition an Schmuck mit dem Startpreis von 500 Euro auf: Darunter fanden sich mehrere Armbanduhren diverser Marken, aber auch eine silberfarbene der Marke Breitling.
Der Blick auf Neupreise lässt den Schluss auf ein mögliches Schnäppchen zu – gehandelt werden Herrenuhren zwischen 3000 und knapp 50.000 Euro. Funktionsgarantien indes gibt es in der Auktion nicht, so dass der glückliche Bieter möglicherweise noch in eine Reparatur investieren muss: „Dieses Risiko geht mit dem Meistbietenden immer mit“, sagt Christiane Bernuth. Dass es sich bei der Nobel-Uhr um ein Plagiat handelt, kann die Auktionatorin ausschließen: Solche würden von der Stadt nicht in die Auktion gegeben.
Für die hohe Zahl der Fahrräder gibt es gleich mehrere Erklärungen: Manch Bestohlener melde den Diebstahl lieber der Versicherung, als sich auf dem Fundbüro umzusehen, ob der Dieb es irgendwo hat stehenlassen. Und einige Radbesitzer, deren Fahrrad beispielsweise auf dem Blindenleitpfad am Hauptbahnhof abgestellt waren und von der Stadt deshalb einkassiert wurden, scheuten die dafür fällige Auslöse, wie Christiane Bernuth aus Begegnungen zur Auktion weiß. Sie hofften stattdessen auf ein Wiedersehen mit ihrem Drahtesel zur Auktion – und dass das letzte Gebot das ihre und ein günstigeres sei.