Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Die Suche nach der Jugend
Modelleisenbahner freuen sich über neue Mitglieder, die sich der digitalen Steuerung widmen möchten
Modellbahn ist nur was für Kinder – von wegen. In der Thüringer Landeshauptstadt steht eine Anlage, an der sogar Lokführer ausgebildet werden. Besser als jede Tafel, jedes Lehrbuch, ist es, an den Gleisen zu stehen, Signale und vor allem die Folgen zu beobachten.
Die Rede ist von der Modellbahn „Johannes Scharrer“nahe des Erfurter Bahnhofes am Schmidtstedter Ufer. Die Anlage gehört zu den modernsten bundesweit, dabei gilt sie als älteste in Deutschland. Die Grundplatte ist 70 Jahre alt, die älteste Lok 55 Jahre. Doch hier fahren auch hochmoderne Züge wie der Doppelstock-ICE.
Das Erfurter Unternehmen Raildox unterstützt den Verein, der nun eine Betriebsarbeitsgemeinschaft (BAG) ist, seit vielen Jahren – im Gegenzug können hier die zukünftigen Lokführer geschult werden. Raildox hat die Räumlichkeiten angemietet, die Firma bezahlt Ersatzteile, die Signal- und Weichensysteme sowie die Bahnhofseinrichtungen.
Signaltechnik, Fahrstraßen, Durchrutschwege, Gefahrenpunkte,
Weichenstellungen können aus der Vogelperspektive erklärt werden. Das ist effektiver, als nur davon zu berichten oder ein Modell aufzumalen.
„Wir sind stolz, über eine solche Anlage zu verfügen und den Vereinsmitgliedern dankbar, dass sie die Anlage so gut in Schuss halten, dass sie für die Ausbildung genutzt werden kann“, sagt Raildox-Geschäftsführer Frank Rudolf. Zu seinem Unternehmen gehören mittlerweile 111 Mitarbeiter, Eisenbahnfahrzeugführer werden immer gesucht, in mehreren europäischen Ländern sind die Züge unterwegs.
Doch zurück zur Anlage. Sie verfügt über 323 Meter Gleislänge: 97 einfache Weichen, 15 Kreuzweichen und vier Dreiwegweichen ermöglichen unterschiedliche Wege. 60 Quadratmeter ist die Anlage groß. „Mir schwebt vor, eine junge Truppe aufzubauen“, sagt Detlef Hommel. Er war 20 Jahre lang der Leiter des Eisenbahnbundesamtes und Landesbeauftragter für Eisenbahnaufsicht. „Ich bin ein Modelleisenbahner durch und durch“, fügt er lachend hinzu.
Er weiß, dass es schwierig ist, die Jugend für dieses Hobby zu begeistern. Ihm ist bewusst, dass Handy und Computer mehr anlocken als eine Modellbahnanlage.
Allerdings: „Heute können wir viel mit digitaler Steuerung arbeiten, so dass dieser moderne Aspekt nicht zu kurz käme. Ich würde sehr gerne mit den jungen Menschen eine transportable Anlage bauen“, erklärt er. Er stelle sich Spurweite tt vor, also einen Maßstab von 1:127. Mit der Anlage könne man auch beispielsweise in Schulen gehen.
42 Jahre lang hat Detlef Hommel schon mit der Bahn zu tun, da sammelt sich einiges Wissen an. Auch darüber, wie sich die gesamte Branche verändert. In Thüringen hab es Anfang der 19070er-Jahre 1200 Modellbahnen in 70 Arbeitsgruppen, „heute ist das alles sehr vereinsamt“, meint der 73-Jährige.
Auch der Anteil der Modellbahnaussteller auf Messen werde immer geringer. „Große Aufmerksamkeit erzielen dort die Panzer und Flugzeuge, die mit viel Lärm durch die Hallen rasen.“
Der Verein heißt neue Mitglieder herzlich willkommen. Bei Interesse einfach eine Mail schreiben an modellbahnverein@raildox.de.