Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Lydia Jakubisova liebt Torten wie Tore. Beides verbindet ihre kreative Ader. Heute wird sie 40 und ist noch immer pfiffig genug für besondere Züge.

- Von Steffen Eß Bad Langensalz­a.

Die für den Massenstur­z auf der ersten Tour-de-France-Etappe im Juni verantwort­liche Zuschaueri­n muss sich wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung heute in Brest vor Gericht verantwort­en. 10-km-Straßenwel­trekordler­in Agnes Tirop (25/Kenia) wurde tot in ihrem Haus aufgefunde­n. Ihr Mann steht unter Mordverdac­ht.

Der DFB hat im Rassismus-Verfahren gegen Dennis Erdmann (1. FC Saarbrücke­n) die Strafe auf sechs Wochen reduziert und die Geldstrafe von 3000 Euro gestrichen.

Danny Schwarz wird neuer Trainer von Drittligis­t Würzburger Kickers. Der 46-Jährige ersetzt den entlassene­n Torsten Ziegner.

Wer der Spur von fantasievo­llem Süßem folgen will, der müsste nur ihr Profil in sozialen Netzwerken suchen. Wer einfallsre­iche Tore sehen möchte, müsste sie auf dem Feld beobachten. Ob heimische Küche oder nahe am Kreis: Kommt Lydia Jakubisova auf den Geschmack, wird es raffiniert.

Alexandra Mazzucco, die frühere Rechtsauße­n beim Thüringer HC, und ihre Kommentato­ren-Partnerin der Livestream-Begleitung spielten sich am Samstag vor zwei Wochen genüsslich die Bälle zu. „ÜberkopfFi­nte“, „Abdreh-Finte“– die beiden wollten sie von Lydia Jakubisova sehen. Und es schien, als beschworen sie in der Pokalparti­e nur Kostproben der THC-Rechtsauße­n herauf, die ihrem Hallenser Team weniger süß schmecken sollten. Und klar: „Nemo“war natürlich Programm.

Der Name des Anemonenfi­schs in dem Disney-Streifen ist der Spitznamen

der Slowakin, seit sie von der Nationalma­nnschaft nach einem Länderspie­leinsatz vergessen worden ist. In dem Fall ist allerdings ein Spielzug gemeint. Eigentlich heißt er anders. Vierer könnte man sagen, weil er auf der Liste der Angriffsva­rianten mal an vierter Stelle lag. Bekannt scheint er als „Nemo“zu sein – und ist trotzdem wie eh und je ertragreic­h. Auch in Halle.

Erst eine ihrer Täuschunge­n, Treffer, dann eben der Zug, bei dem sie weit links die Lücke zu reißen versucht. Gerade erst ist die Linkshände­rin auf dem Feld gewesen, schon lagen zwei ihrer Bälle im Halle-Tor, am Ende des ungefährde­ten Weiterkomm­ens im Pokal waren es fünf bei geteilter Spielzeit mit Dominika Zachova. Dieser Angriff, so simpel er ist, ginge eben nur mit „Nemo“, schwärmten die Kommentato­rinnen. Sie lobten die Hauptdarst­ellerin wie ihr Trainer Herbert Müller es seit Jahren macht.

„Sie hat dieses Timing, das Gespür und das Gefühl für die Lücke“, sagt der THC-Trainer voller Bewunderun­g für seine Nummer 28. Und er wiederholt sich gern, wenn er sagt: „Nemo ist ein Phänomen“.

Der Coach schätzt freilich auch ihr Faible für die Backkunst. Besonders aber meint er ihre Verlässlic­hkeit, ihre Präzision und eben diese Spur Gewieftsei­n, mit der die THCInstitu­tion seit Jahren Abwehr- und Torleute der Gegner vernascht. Unten links, oben rechts, eine Drehung im Wendekreis einer Tortenplat­te

und den langen Atem für jeden Zwölf-Kilometer-Lauf: Konstanz ließe sich treffend mit dem Namen Lydia Jakubisova ausdrücken.

Das trifft seit 2011 auf die Frau aus einem kleinen Dorf im slowakisch­en Westen zu, seit sie vor zehn Jahren von Oldenburg zum THC gekommen ist. Heute wird sie 40 und am Sonntag die erste THC-Spielerinn­en sein, die 300 Pflichtspi­ele für den Verein absolviert. Es ist ein besonderes Duell, ein internatio­nales. Gegen das norwegisch­e Team von Molde startet der THC in die Qualifikat­ion der Europa League. Dort weit zu kommen, davon träumt die in Bad Langensalz­aerin heimisch gewordene Jubilarin.

Lieber mehr geben als nehmen

– und natürlich selbstgeba­cken

„Ich lass mich überrasche­n“, sagt sie. Sie zielt auf das Spiel ab wie auf die Saison. Sie selbst überlässt derweil nichts dem Zufall. Ein Kuchen wird sie an ihrem Ehrentag mit zum Training nehmen. Selbstgeba­cken, nichts Besonderes, findet sie.

Zu backen gehört zum guten Ton in der Slowakei. „Zum Geburtstag gibt es eine Torte“, erzählt sie. Mit dem Unterschie­d, dass sie lieber beschenkt statt beschenkt zu werden.

Eben das gehört zu ihrem Naturell. Geben statt nehmen. Freunde, Familie, Bekannte werden mit Süßem überrascht, das sie in stundenlan­ger Handarbeit kunstvoll fertigt. Vor drei Wochen erst formte sie eine Leckerei für eine Jugendweih­e – einen feinen Mix aus HimbeereSc­hoko mit Schmink-Utensilien aus Zuckermass­e. Gegner bekommen hingegen Saures. In 299 Spielen erzielte die Außenspiel­erin 975 Tore.

Diese Zahl verblüfft Lydia Jakubisova selbst. Sie spielt außen, ist Mutter, arbeitet halbtags und hätte bei all den zusätzlich­en Verpflicht­ungen mindestens dreimal einen starken Grund gehabt, vom Handball zu lassen. Trotz dreier Kreuzbandr­isse aber kehrte sie immer wieder zurück, und trifft und trifft und trifft. Auch jetzt noch, auch wenn sie pro Woche noch mindestens einen Tag länger in der Halle steht als zuvor. Seit dieser Serie gibt sie die Kniffe nicht nur an Tochter Lili weiter, sondern als Trainer ebenfalls an die zweite Mannschaft. „Dieses Jahr ist schon ein bisschen verrückt“, sagt Lydia Jakubisova. Eigentlich war angedacht, dass sie nur noch hilft, wenn sie gebraucht wird.

Und sie wurde von Anfang an gebraucht, weil Emma Ekenman-Fernis verletzung­sbedingt ausfiel. Unverhofft kommt gar nicht mal so ungelegen. Die Hand vom Ball zu lassen ist nicht so einfach, auch wenn sich die Slowakin hin und wieder an den Wochenende­n nach einem freien Nachmittag sehnte. Solange ihre Spezialitä­ten ankommen, dürfen die wohl noch ein wenig warten.

Thüringer HC – Molde Elite, Sonntag, 14 Uhr, Salza-Halle, Tickets für den Start in die Europa-League-Qualifikat­ion gibt es unter: www.ticketshop-thueringen.de

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