Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Lydia Jakubisova liebt Torten wie Tore. Beides verbindet ihre kreative Ader. Heute wird sie 40 und ist noch immer pfiffig genug für besondere Züge.
Die für den Massensturz auf der ersten Tour-de-France-Etappe im Juni verantwortliche Zuschauerin muss sich wegen fahrlässiger Körperverletzung heute in Brest vor Gericht verantworten. 10-km-Straßenweltrekordlerin Agnes Tirop (25/Kenia) wurde tot in ihrem Haus aufgefunden. Ihr Mann steht unter Mordverdacht.
Der DFB hat im Rassismus-Verfahren gegen Dennis Erdmann (1. FC Saarbrücken) die Strafe auf sechs Wochen reduziert und die Geldstrafe von 3000 Euro gestrichen.
Danny Schwarz wird neuer Trainer von Drittligist Würzburger Kickers. Der 46-Jährige ersetzt den entlassenen Torsten Ziegner.
Wer der Spur von fantasievollem Süßem folgen will, der müsste nur ihr Profil in sozialen Netzwerken suchen. Wer einfallsreiche Tore sehen möchte, müsste sie auf dem Feld beobachten. Ob heimische Küche oder nahe am Kreis: Kommt Lydia Jakubisova auf den Geschmack, wird es raffiniert.
Alexandra Mazzucco, die frühere Rechtsaußen beim Thüringer HC, und ihre Kommentatoren-Partnerin der Livestream-Begleitung spielten sich am Samstag vor zwei Wochen genüsslich die Bälle zu. „ÜberkopfFinte“, „Abdreh-Finte“– die beiden wollten sie von Lydia Jakubisova sehen. Und es schien, als beschworen sie in der Pokalpartie nur Kostproben der THC-Rechtsaußen herauf, die ihrem Hallenser Team weniger süß schmecken sollten. Und klar: „Nemo“war natürlich Programm.
Der Name des Anemonenfischs in dem Disney-Streifen ist der Spitznamen
der Slowakin, seit sie von der Nationalmannschaft nach einem Länderspieleinsatz vergessen worden ist. In dem Fall ist allerdings ein Spielzug gemeint. Eigentlich heißt er anders. Vierer könnte man sagen, weil er auf der Liste der Angriffsvarianten mal an vierter Stelle lag. Bekannt scheint er als „Nemo“zu sein – und ist trotzdem wie eh und je ertragreich. Auch in Halle.
Erst eine ihrer Täuschungen, Treffer, dann eben der Zug, bei dem sie weit links die Lücke zu reißen versucht. Gerade erst ist die Linkshänderin auf dem Feld gewesen, schon lagen zwei ihrer Bälle im Halle-Tor, am Ende des ungefährdeten Weiterkommens im Pokal waren es fünf bei geteilter Spielzeit mit Dominika Zachova. Dieser Angriff, so simpel er ist, ginge eben nur mit „Nemo“, schwärmten die Kommentatorinnen. Sie lobten die Hauptdarstellerin wie ihr Trainer Herbert Müller es seit Jahren macht.
„Sie hat dieses Timing, das Gespür und das Gefühl für die Lücke“, sagt der THC-Trainer voller Bewunderung für seine Nummer 28. Und er wiederholt sich gern, wenn er sagt: „Nemo ist ein Phänomen“.
Der Coach schätzt freilich auch ihr Faible für die Backkunst. Besonders aber meint er ihre Verlässlichkeit, ihre Präzision und eben diese Spur Gewieftsein, mit der die THCInstitution seit Jahren Abwehr- und Torleute der Gegner vernascht. Unten links, oben rechts, eine Drehung im Wendekreis einer Tortenplatte
und den langen Atem für jeden Zwölf-Kilometer-Lauf: Konstanz ließe sich treffend mit dem Namen Lydia Jakubisova ausdrücken.
Das trifft seit 2011 auf die Frau aus einem kleinen Dorf im slowakischen Westen zu, seit sie vor zehn Jahren von Oldenburg zum THC gekommen ist. Heute wird sie 40 und am Sonntag die erste THC-Spielerinnen sein, die 300 Pflichtspiele für den Verein absolviert. Es ist ein besonderes Duell, ein internationales. Gegen das norwegische Team von Molde startet der THC in die Qualifikation der Europa League. Dort weit zu kommen, davon träumt die in Bad Langensalzaerin heimisch gewordene Jubilarin.
Lieber mehr geben als nehmen
– und natürlich selbstgebacken
„Ich lass mich überraschen“, sagt sie. Sie zielt auf das Spiel ab wie auf die Saison. Sie selbst überlässt derweil nichts dem Zufall. Ein Kuchen wird sie an ihrem Ehrentag mit zum Training nehmen. Selbstgebacken, nichts Besonderes, findet sie.
Zu backen gehört zum guten Ton in der Slowakei. „Zum Geburtstag gibt es eine Torte“, erzählt sie. Mit dem Unterschied, dass sie lieber beschenkt statt beschenkt zu werden.
Eben das gehört zu ihrem Naturell. Geben statt nehmen. Freunde, Familie, Bekannte werden mit Süßem überrascht, das sie in stundenlanger Handarbeit kunstvoll fertigt. Vor drei Wochen erst formte sie eine Leckerei für eine Jugendweihe – einen feinen Mix aus HimbeereSchoko mit Schmink-Utensilien aus Zuckermasse. Gegner bekommen hingegen Saures. In 299 Spielen erzielte die Außenspielerin 975 Tore.
Diese Zahl verblüfft Lydia Jakubisova selbst. Sie spielt außen, ist Mutter, arbeitet halbtags und hätte bei all den zusätzlichen Verpflichtungen mindestens dreimal einen starken Grund gehabt, vom Handball zu lassen. Trotz dreier Kreuzbandrisse aber kehrte sie immer wieder zurück, und trifft und trifft und trifft. Auch jetzt noch, auch wenn sie pro Woche noch mindestens einen Tag länger in der Halle steht als zuvor. Seit dieser Serie gibt sie die Kniffe nicht nur an Tochter Lili weiter, sondern als Trainer ebenfalls an die zweite Mannschaft. „Dieses Jahr ist schon ein bisschen verrückt“, sagt Lydia Jakubisova. Eigentlich war angedacht, dass sie nur noch hilft, wenn sie gebraucht wird.
Und sie wurde von Anfang an gebraucht, weil Emma Ekenman-Fernis verletzungsbedingt ausfiel. Unverhofft kommt gar nicht mal so ungelegen. Die Hand vom Ball zu lassen ist nicht so einfach, auch wenn sich die Slowakin hin und wieder an den Wochenenden nach einem freien Nachmittag sehnte. Solange ihre Spezialitäten ankommen, dürfen die wohl noch ein wenig warten.
Thüringer HC – Molde Elite, Sonntag, 14 Uhr, Salza-Halle, Tickets für den Start in die Europa-League-Qualifikation gibt es unter: www.ticketshop-thueringen.de