Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Vom Balljungen zum Publikumsliebling
30 Jahre Uefa-Cup (17) Wie Piet Schönberg als Jugendlicher die internationalen Spiele des FC Rot-Weiß erlebte
Am Ende stand die Qualifikation für die 2. Bundesliga und den Uefa-Cup. Die 40. und letzte Saison der DDRFußball-Oberliga 1990/91 war für den FC Rot-Weiß Erfurt zugleich die erfolgreichste. In unserer Serie blicken wir mit Protagonisten von einst auf die Partien vor 30 Jahren zurück. Heute: Piet Schönberg (45), der das Europapokal-Heimspiel gegen Ajax Amsterdam als Balljunge live erlebte – und nur zwei Jahre später selbst den Sprung in die Mannschaft schaffte.
Näher dran ging kaum. Als die Rot-Weißen am 23. Oktober 1991 im Uefa-Cup-Heimspiel gegen Amsterdam die Führung erzielten, stand Piet Schönberg hinter dem Ajax-Tor. Er konnte genau sehen, wie Uwe Schulz Maß nahm und den Ball ins Eck platzierte. Und natürlich jubelte er ausgelassen mit den
6000 Zuschauern, die sich ins Steigerwaldstadion verlaufen hatten.
„Für uns war es immer ein Highlight, bei den Spielen der Ersten als Ballholer dabei zu sein“, blickt das Eigengewächs zurück. Und das lag nicht an der Bockwurst und dem Tee, den es in der Halbzeitpause für alle gab. „Man war mittendrin und bekam alles mit: die Ansagen auf dem Feld, die Frotzeleien der Wechselspieler, die ganze Atmosphäre.“
In der ersten Runde gegen Groningen (1:0) war er noch außen vor geblieben, weil ein älterer Jahrgang eingesetzt wurde. Doch gegen Amsterdam durfte der damals 15-Jährige seinen angestammten Platz in Richtung Eishalle einnehmen.
Die Eindrücke jener historischen
90 Minuten sind bis heute präsent. Schönberg erinnert sich an die Torvorlage von Jürgen Heun, „der damals unser aller großes Idol war“; an den coolen Peter Disztl, „den einfach nichts aus der Ruhe bringen konnte“und natürlich an die großen Namen beim Gegner: de Boer, Blind, Wouters, Winter, Bergkamp, Roy. „Erst später ist mir so richtig bewusst geworden, wer da alles aufgelaufen war“, erzählt er.
Keine zwei Jahre darauf sollte der Erfurter Junge selbst den Rasen betreten. Mit zarten 17 war er von Trainer Klaus Goldbach befördert und ins kalte Oberliga-Wasser geworfen worden. Er schwamm sich frei; erst als unerbittlicher Manndecker, später als dynamischer Außenverteidiger. „Damals ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Von Frank Dünger, Jens Große und auch Heiko Nowak konnte ich unheimlich viel lernen. Sie haben mir Sicherheit gegeben“, beschreibt er die ersten Schritte im Männerbereich. Großen Anteil an seinem Aufstieg misst Schönberg Reiner Rustler bei: „Er war der beste Trainer, den ich jemals hatte.“
Schlusspunkt bei Rot-Weiß gegen Namensvetter FC Schönberg Es dauerte nicht lange, da war er dank seiner Einsatzstärke zum Publikumsliebling avanciert. Das langgezogene „Piiiiieeeet“schallte immer dann durchs Stadion, wenn er los sprintete oder zu einem weiten Einwurf ausholte. Ausgerechnet die Relegationsspiele zur zweigleisigen Regionalliga gegen seinen Namensvetter FC Schönberg im Jahr 2000 bildeten den Schlusspunkt unter seine aktive Rot-Weiß-Karriere.
„Ich war 24, wollte mal etwas anderes sehen. Schade, dass es damals mit Cottbus nicht geklappt hatte“, sagt er. Nach Energies überraschendem Bundesliga-Aufstieg sah Trainer Eduard Geyer keine Verwendung
mehr für den Defensivspieler. Der unterschriebene Vertrag wurde aufgelöst; Schönberg schloss sich für die nächsten vier Jahre Regionalligist Sachsen Leipzig an.
Über die Stationen Zwickau und Gotha führte ihn sein Weg 2007 jedoch zurück zu den Wurzeln. In der zweiten Mannschaft spielte er noch sporadisch und assistierte Trainer Albert Krebs. Dann integrierte ihn
Cheftrainer Karsten Baumann in sein Team, ehe der A-Lizenz-Inhaber 2010 die Verantwortung für die U-23-Elf übertragen bekam.
Dreieinhalb Jahre trainierte er die Erfurter Talente. Anschließend folgten Intermezzi in Eschwege und Sondershausen. Auf dem Göldner feierte er 2016 mit dem 1:0 im Landespokal über Carl Zeiss Jena einen seiner schönsten Siege als Trainer:
„Zwischen uns lagen vier Spielklassen. Und wir haben trotzdem nicht unverdient gewonnen. Die Feier danach bleibt unvergessen.“
Beide Söhne treten nicht in die Fußstapfen des Vaters
Ein Jahr später war Schluss auf der Trainerbank. Die Familie sollte fortan Vorrang genießen. Zwar sind die Söhne Emil (12) und Mathis (8) sportlich, aber in die Fußstapfen des Papas treten sie wohl nicht. „Kein Problem“, findet dieser und lacht. Selbst kann er momentan auch nur Rad fahren. Meniskusprobleme im Knie lassen Kicken in der rot-weißen Traditionsmannschaft nicht zu.
Die „Oldies“planen zum 30-jährigen Jubiläum eine Party mit allen Uefa-Cup-Spielern. Dann wird der Balljunge von einst auch den umjubelten Torschützen wiedertreffen.
Bereits erschienen: Armin Romstedt (6.4.), Thomas Linke (13.4.), Karsten Sänger
(19.4.), Thomas Vogel (27.4.), Uwe Abel
(4.5.), Jürgen Heun (11.5.), Nico Scheller
(17.5.), Zbigniew Fabinski (25.5.), Olaf Schwertner (6.7.), Siegmar Menz (16.8.), Lothar Kurbjuweit (23.8.), Rüdiger Schnuphase (30.8.), Rainer Stops (11.9.), Peter Disztl (18.9.), Rolf Töpperwien (23.9.), Tino Gottlöber (2.10.)