Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Captain Kirk zurück auf der Erde

William Shatner startete an Bord der Blue-Origin-Raumkapsel von Jeff Bezos – mit 90 Jahren ist er der älteste Mensch, der jemals im All war

- Von Jonas Erlenkämpe­r Van Horn. Nach zehn Minuten landete die Kapsel auf der Erde. Shatner als Kirk (r.), daneben Leonard „Spock“Nimoy.

Die Reise endet nach zehn Minuten und 20 Sekunden in der texanische­n Wüste. Von drei Fallschirm­en abgebremst, landet die Kapsel zwischen halb verdorrten Grasbüsche­ln im Staub. Jeff Bezos (57), der Multiunter­nehmer mit Leidenscha­ft fürs Weltall, öffnet von außen die Luke, ein Kamerateam steht hinter ihm. Dann steigt er aus, der Mann, den die Welt als Captain Kirk kennt. William Shatner, der kanadische Schauspiel­er hinter der heroischen Figur, umarmt Bezos – und fängt an zu weinen.

Mit mittlerwei­le 90 Jahren hat Shatner sein größtes Abenteuer erlebt. Mit einer Raumkapsel von Bezos’ Firma Blue Origin unternahm er am Mittwoch einen kurzen, aber intensiven Ausflug in den Weltraum. „Jeder Mensch sollte sehen, was ich gesehen habe“, sagt der sichtlich gerührte Shatner nach der Landung im texanische­n Sand. „Unglaublic­h“und „überwältig­end“sei es gewesen. Vor allem der Moment, als die Kapsel die Erdatmosph­äre verließ – „plötzlich wurde alles schwarz“, beschreibt er seine Eindrücke und stellt sich selbst die Frage: „Fühlt sich so der Tod an?“

Man sieht Shatner sein Alter nicht an. Er ist ein bisschen fülliger geworden, aber das Gesicht wirkt locker 20 Jahre jünger, das Haar ist voll. Trotzdem ist er der älteste Mensch, der jemals ins All gereist ist. Für ihn sei die Reise lebensverä­ndernd, hatte er schon vor dem Start gesagt. Er, dessen Karriere untrennbar mit dem Weltraum verbunden ist, war wirklich im All. Er könne es kaum glauben, frohlockt er.

1966 hatte Shatner erstmals die Rolle des Captain James T. Kirk in der Science-Fiction-Serie „Star Trek“übernommen. Während seiner jahrzehnte­langen Laufbahn kommandier­te der Schauspiel­er, der drei Töchter hat und sich 2019 von seiner vierten Ehefrau trennte, immer wieder das „Raumschiff Enterprise“. In der Kapsel von Blue Origin durfte er das Kommando allerdings ruhen lassen – sie flog weitgehend automatisi­ert. Es ging auch nicht durch die „unendliche­n Weiten“des Weltraums und in „fremde Galaxien“, wie es im ikonischen Vorspann der Serie hieß. Sondern lediglich bis auf etwa 107 Kilometer über der Erde, immerhin zeitweise mit Schwerelos­igkeit. 100 Kilometer sind in der Raumfahrt eine entscheide­nde Marke: Der Internatio­nale Luftfahrtv­erband und viele andere Experten sehen diese Höhe als Grenze zum Weltraum an. Eine verbindlic­he internatio­nale Regelung gibt es jedoch nicht.

Gelungener PR-Coup für Bezos’ Weltraumfi­rma

Es war der zweite bemannte Flug der „New Shepard“getauften Kapsel. Beim ersten im Juli war Bezos selbst mit an Bord, zusammen mit seinem Bruder Mark, einer 82 Jahre alten früheren US-Pilotin und einem 18-jährigen Niederländ­er. Shatner war nun gemeinsam mit dem früheren Nasa-Ingenieur Chris Boshuizen, dem Unternehme­r Glen de Vries und der stellvertr­etenden Chefin von Blue Origin, Audrey Powers, unterwegs.

Dass Shatner mitmachte, wird als PR-Coup für Bezos und seine Firma angesehen. Anders als Boshuizen und De Vries habe Shatner nicht für sein Ticket bezahlt, sondern sei als „Gast“von Blue Origin eingeladen worden, berichtete die „New York Times“. Er wolle jetzt, so Shatner, so vielen Menschen wie möglich von seinem Erlebnis erzählen.

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Nach der Landung: William Shatner (M.) berichtet Jeff Bezos (r.) von seinem Ausflug (Bild aus einem Video von Blue Origin).
FOTO: JOSE ROMERO / AFP Wolke Nach der Landung: William Shatner (M.) berichtet Jeff Bezos (r.) von seinem Ausflug (Bild aus einem Video von Blue Origin).
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FOTO: AFP
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FOTO: GETTY

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