Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Käferproblem zwingt Jenaer Mieter zum Auszug
Wohnungsbaugesellschaft steht vor einer nie dagewesenen Situation. Offene Fragen bei vielen Bewohnern
In einem Mittelganghaus an der Lobedaer Schlegelstraße frisst sich eine Insektenart sogar ins Mauerwerk. Jenawohnen spricht von erheblichen Schäden an der Bausubstanz. 2019 wurden die Speckkäfer – so heißt das Insekt – zum ersten Mal an einer Wohnungsentdeckt.
Nach anfänglichen Versuchen, as Problem lokal oder in der beoffenen Etage zu lösen, sollen un alle Mieter ausziehen, um eine ergehende Bekämpfung zu erglichen. Die Mehrheit der Mieter ist bereits umgezogen oder hat einen Umzugstermin. Aber nicht alle Mieter sind einverstanden.
Im Foyer oder im Fahrstuhl des Sechsgeschossers weist nichts auf die angespannte Lage hin. Anders in der vierten Etage, wo der Gemeinschaftsflur komplett in den Rohbauzustand versetzt wurde, Leitungen liegen frei. Aber auch diese Etage ist noch bewohnt. Bewohner berichten, dass Vertreter von Jenawohnen zunächst gesagt haben, dass alle in ihren Wohnungen bleiben können.
Die „Bürgerinitiative für soziales Wohnen in Jena“(BI) nahm Kontakt zu den Mietern auf. Frank Fiedler von der BI sagt, dass Bewohner das Vorgehen von Jenawohnen kritisieren. Ein Grund sei das Fehlen von Informationen, so kenne keiner das Gutachten, auf denen die Maßnahmen
beruhen. Ausbruchsort seien wohl zwei Wohnungen gewesen, deren Mieter relativ viel Müll und Unrat angehäuft hatten. Die Wohnungen seien komplett gereinigt und entkernt worden.
Antje David vom Sozialmanagement bei Jenawohnen sagt, dass alle zunächst davon ausgegangen waren, dass Maßnahmen in einzelnen Wohnungen ausreichen. Später habe es Funde auch in anderen Wohnungen gegeben. Der Speckkäfer – für den Menschen ist der bis zu 10 Millimeter große Käfer ungefährlich – kann über Schächte und Rohrkanäle in andere Räume gelangen. „Wir standen noch nie vor so eine Situation“, erklärt Jenawohnen-Sprecher Gunnar Poschmann.
Er sagte, dass es neben der frühzeitigen Informationen an Ortsteilrat und Jenawohnenbeirat viele individuelle Gespräche mit den Mietern gegeben habe.
Angespannt ist teils auch das Verhältnis zwischen Bewohnern und den Mitarbeitern eines Umzugsunternehmens, die sich um die Spezialbehandlung der Möbel kümmern. Alle Möbelstücke werden in mobilen Kammern längere Zeit auf 60 Grad erhitzt. Jenawohnen bat in einem Mieterschreiben um einen „respektvollen Umgang“. Antje David sagt, dass noch nicht abschätzbar sei, wie lange die Maßnahmen dauern. Die Hoffnung sei, dass durch die Erhitzung des Gebäudes ein Stopp des Befalls erreicht wird.