Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
2022 wieder mehr Wachstum erwartet
Führende Wirtschaftsforscher sagen sinkende Inflation voraus und mahnen eine Rentenreform an
Die Wirtschaft in Deutschland ist weiterhin durch weltweite Lieferengpässe und die Rohstoffknappheit infolge der Corona-Pandemie beeinträchtigt. Die konjunkturelle Erholung werde dadurch auch noch in diesem Winterhalbjahr gebremst. Entsprechend haben die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Herbstdiagnose die Prognose nach unten korrigiert.
„Insgesamt dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2021 um 2,4 Prozent und im Jahr 2022 um 4,8 Prozent zulegen“, sagte Oliver Holtemöller, Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle am Donnerstag. Im Frühjahr waren die Ökonomen noch von einem Wachstum von 3,7 Prozent in diesem Jahr ausgegangen. Der wesentliche Expansionstreiber im nächsten Jahr werde der private Konsum sein.
Tatsächlich haben die Bürger während der Pandemie viel Geld gespart und durch Börsengewinne ihr Geldvermögen laut Bundesbank auf einen Rekordwert von 7325 Milliarden Euro gesteigert.
Die Ökonomen gehen davon aus, dass viele einen Teil dieses Geld spätestens vom Frühjahr an ausgeben wollen, sollten die Corona-Einschränkungen aufgehoben werden.
Vor allem aufgrund höherer Energiepreise erwarten die Ökonomen 2021 eine Inflationsrate von drei Prozent, im nächsten Jahr von 2,5 Prozent. Danach werde Deutschland zu „normalen Raten“von rund zwei Pro(IWH) zent zurückkehren, meinen die Volkswirte. „Unsere Inflationserwartungen sind nicht übermäßig hoch.“
Als größte wirtschaftliche Herausforderungen der neuen Bundesregierung sehen die Forscher den Umgang mit der Demografie, dem Klimaschutz und der Digitalisierung. Angesichts der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft sei das Rentensystem nicht mehr nachhaltig. „Die Einkommen müssen von weniger Menschen erwirtschaftet werden. Damit werden die Verteilungsspielräume geringer.“
Die Prognosen werden zwei Mal jährlich vom DIW Berlin, dem IfoInstitut, dem IW Köln, dem IWH Halle sowie dem RWI Essen erstellt.