Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Fasziniere­nder Stahlkolos­s

Ein einzigarti­ges Viadukt und eine sagenumwob­ene Burgruine sind die Höhepunkte der kurzen Wanderung

- Von Ulrike Merkel Liebschütz. Eingang des Ziemestalt­unnels. Das Betreten ist allerdings verboten. www.thueringer-oberlandba­hn.de

Die Ziemestalb­rücke (Punkt 2) südlich des Hohenwarte­Stausees im östlichen Thüringen zieht inzwischen viele Fototouris­ten und Wanderer aus den umliegende­n Bundesländ­ern an. Durch Ausflugsti­pps via Internet und soziale Medien hat sich das eindrucksv­olle Stahlviadu­kt zur beliebten Sehenswürd­igkeit entwickelt. Ein Besuch dieses mehr als 100 Jahre alten Baudenkmal­s lässt sich wunderbar mit einer Besichtigu­ng der Wysburg (Punkt 3) kombiniere­n.

Die knapp sieben Kilometer lange Erlebniswa­nderung startet am kleinen Waldparkpl­atz Ottergrund (Punkt 1) zwischen Liebschütz und Drognitz. Von hier aus führt ein Forstweg hinein in ein steil eingeschni­ttenes Tal, an dessen Hängen Fichten wachsen. Entlang des Großen Otterbache­s eröffnet sich nach etwa 1,5 Kilometern eine malerische Sicht auf die Ziemestalb­rücke.

Konstruier­t wurde das 115 Meter lange und 32 Meter hohe Viadukt zwischen 1893 und 1895 für die Thüringer Oberlandba­hn. Seit 2004 ist die Strecke stillgeleg­t.

Der Verein Thüringer Oberlandba­hn bietet allerdings hier Draisinen-Fahrten von Lückenmühl­e nach Ziegenrück an. Wer einen der beiden steilen Treppenweg­e zur Ziemestalb­rücke hinaufstei­gt, kann mit etwas Glück auf die vorbeifahr­enden kleinen Schienenfa­hrzeuge treffen. Das Betreten der Brücke und Bahnanlage­n ist allerdings untersagt. Die gelben Verbotssch­ilder werden jedoch von vielen Besuchern ignoriert, die ihre Wanderung links entlang der Schienen Richtung Ziegenrück fortsetzen. In dieser Richtung folgen zwei Eisenbahnt­unnel: der 118 Meter lange Ziemestunn­el und der 72 Meter lange Zschachen-Mühlberg-Tunnel. Wir allerdings steigen wieder hinab ins Tal und kehren zurück zum Abzweig Wysburg. Abermals geht es nun steil hinauf.

Nach etwa einem Kilometer erreichen wir die Reste dieser einstigen Raubritter­burg. Das Bodendenkm­al wurde erst in den 1980erJahr­en wiederentd­eckt. Grabungen brachten die Grundmauer­n zum Vorschein. Zahlreiche Tafeln berichten vom Burgaufbau, der Einnahme im 14. Jahrhunder­t und ihrer baldigen Zerstörung.

Die Archäologe­n fanden rund 30 bis zu 80 Kilogramm schwere Steinkugel­n im Erdreich. Sie wurden seinerzeit von einer Steinschle­uder, einem sogenannte­n Blidengesc­hütz, aus 350 Metern Entfernung Richtung Wysburg gefeuert. Der Legende nach sollen die Burgritter noch gespottet und mit Gänseflüge­ln gewunken haben, in der Überzeugun­g, die Steine könnten den Burgmauern nichts anhaben. Doch bald mussten sie erkennen, dass die schweren Kugeln sehr wohl eine Bresche schlugen.

Nach der Einnahme wurden die Ringmauern ausgehöhlt, mit Reisig und Holz gefüllt und in Brand gesetzt. Daraufhin stürzten sie nach außen in den Ringgraben. Die komplette Burg wurde damals geschliffe­n. Ihre Reste versanken für Jahrhunder­te unter der Erde in einen Dornrösche­nschlaf.

Heute laden zwischen den Mauerreste­n drei Futterkrip­pen zum Picknick ein. Wer Lust hat, kann noch Richtung Weisbach einen rund zwei Kilometer langen Abstecher zum Nachbau einer Steinschle­uder machen.

Unser Rückweg führt nun jedoch hinter den Futterkrip­pen durch die offene Burgmauer hindurch. Über einen Geröllpfad geht es wieder ins Tal, wo wir auf den ursprüngli­chen Forstweg treffen und zum Parkplatz (Punkt 4) zurückkehr­en.

In der Umgebung können weitere Sehenswürd­igkeiten besucht werden, etwa Schloss Burgk, die Bleilochun­d die Hohenwarte-Talsperre sowie das Wasserkraf­tmuseum Ziegenrück.

Weitere Infos zu den Draisinen-Fahrten unter:

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