Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Das GVZ leidet unter Verstopfung
Ein Lkw-Unfall nahe Zalando macht auf das Parkplatz-Problem aufmerksam
Ein Lkw-Unfall vom Donnerstagmorgen hat einmal mehr die Aufmerksamkeit auf die ungelöste Parkplatz-Frage im Güterverkehrszentrum (GVZ) gelenkt. Besonders in den Fokus geriet der OnlineHändler Zalando, an dessen Zufahrt in der Heinrich-Queva-Straße sich der Unfall ereignete.
Der Unfall selbst verlief vergleichsweise harmlos. Laut einer Polizeisprecherin waren gegen 6.35 Uhr zwei Lkw zu dicht aneinander vorbeigefahren und hatten sich touchiert, wobei ein Sachschaden von 2100 Euro entstand. Die Unfallaufnahme löste zudem einen größeren Stau im Gewerbegebiet aus.
Doch sehen viele Unternehmer des GVZ die Ursache in einem seit langem angemahnten Umstand: Lieferfahrzeuge für Zalando müssen auf den öffentlichen Straßen des Gewerbegebietes warten und verstopfen die Straßen, die auch von Linienbussen genutzt werden.
Am Donnerstagvormittag standen knapp 30 Lkw vor dem Zalando-Werk an. Sie besetzten eine Spur der Heinrich-Queva-Straße bis zur Kreuzung und, hinter der Kreuzung, eine Spur der August-BorsigStraße
bis zum Kreisverkehr. Weil Lücken rar waren, kamen zwei Fahrzeuge im Gegenverkehr kaum aneinander vorbei.
„Seit Jahren stauen sich die Lkw im GVZ, weil Zalando keine Parkflächen für die anliefernden Lkw vorhält“, kritisiert Martin Kammer, Hauptgeschäftsführer vom Landesverband des Verkehrsgewerbes (LTV). Alle anderen Betriebe im GVZ hätten ausreichend Parkplatzkapazitäten geschaffen. Der Zalando-Stau sei vermutlich auch Auslöser
des Unfalls gewesen. Tatsächlich lassen sich nicht alle illegal im GVZ parkenden Lkw Zalando zurechnen. Die Beobachtungen der Unternehmer lassen aber schließen, dass ein Großteil der Fahrzeuge den Online-Händler zum Ziel hat.
Die Stadt gehe das Problem nicht an, meint LTV-Geschäftsführer Kammer. „Es kann doch nicht sein, dass ein Konzern wie Zalando eine Stadt wie Erfurt in der Hand hat“, sagte er. Die Polizei habe am Donnerstag ebenfalls nichts zu den illegal abgestellten Lkw unternommen und statt dessen auf die Stadt verwiesen. Die Stadt ist für den ruhenden Verkehr zuständig. Erfurts Wirtschaftsdezernent Steffen Linnert (SPD) hatte laut früheren Aussagen eine Teilschuld an der Situation den Gesetzen des Bundes gegeben. Sie würden es erlauben, dass große Betriebe ihre Lager auf die Straße verlagern, sagte er.
Allerdings gilt im GVZ seit einigen Jahre fast überall ein Halteverbot. Es wird jedoch kaum durchgesetzt, weil klar ist, dass die Lkw irgendwo ihre Ruhezeiten einhalten müssen und kein Parkplatz vorhanden ist. Dabei befürchtet die Stadt, bei einer Durchsetzung des Halteverbots die Lkw in die umliegenden Dörfer zu treiben.
Zuletzt hatte die Stadtverwaltung für das kommende Jahr einen bewirtschafteten Lkw-Parkplatz in Aussicht gestellt. Roland Brückner, der Chef des GVZ-Vereins, mahnte am Donnerstag die baldige Umsetzung an. Der Verein habe zudem der Stadt eine Übergangslösung vorgeschlagen: Auf einer Betriebsfläche nahe des Bahnhofs Vieselbach könnten Lkw vorübergehend abgestellt werden, um die Straßen zu entlasten.