Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Fast schon ein Vertrag
Die „Ampel“kommt. Das Bündnis ist gestern wahrscheinlicher geworden. Was die Spitzen von SPD, FDP und Grünen als Arbeitsentwurf vorgelegt haben, ist politisch liberal, aber nicht durchgerechnet. Bei vielen Vorhaben ist unklar, was sie kosten.
Die FDP hat viel verhindert. Den Grünen hat sie ein Tempolimit, der SPD eine Vermögensteuer ausgeredet. Als Klientelpartei hält sie ihre schützende Hand über die private Krankenversicherung. Dass Miniund Midijobs attraktiver werden, hilft kleinen Unternehmen.
Die FDP hat ihre Rolle in dieser Koalition gefunden: als Korrektiv. Ihr Parteichef Christian Lindner müsste mehr denn je das Finanzministerium und damit ein Vetorecht anstreben. Die Grünen können viele Häkchen machen: Sie wollten das Enddatum 2038 für den Kohleausstieg vorziehen – sie haben SPD und FDP dafür eingespannt. Sie haben das Verfallsdatum für Verbrennungsmotoren festgeschrieben und die Auflage durchgesetzt, Neubauten „in der Regel“mit Solaranlagen auszustatten. Im Wahlkampf machte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz wenige Versprechungen, eigentlich nur drei. Die kann er halten: ein Mindestlohn von zwölf Euro, 400.000 neue Wohnungen im Jahr, keine Zumutungen bei der Rente. Die SPD-Linke wird schwer daran tragen, dass es nichts wird mit der Umverteilung von oben nach unten.
Die Frage ist, wie sehr die Vorlage verändert werden kann. Im Kern ist es schon fast ein Koalitionsvertrag, ein Coup von oben; die Autorität der Parteiführungen hängt daran.
Es ist viel Rot-Grün drin, aber die Herangehensweise an Probleme ist typisch FDP. Sie hat sich auf unaufdringliche Art durchgesetzt.