Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Polizeispi­tzen wechseln durch

Inspektion­en bekommen neue Chefs. Präsidente­nstuhl bleibt aber weiter vakant

- Von Fabian Klaus Erfurt.

In der Thüringer Polizei gibt es personelle Bewegung. Mehrere Spitzenbea­mte werden mit Wirkung zum 1. November versetzt. Ein Sprecher von Innenminis­ter Georg Maier (SPD) bestätigte die umfangreic­he Personalro­chade auf Anfrage dieser Zeitung. Er bat aber auch um Verständni­s dafür, dass die Gründe für diese Personalen­tscheidung­en nicht kommentier­t würden.

In Polizeikre­isen blickt man gebannt auf das neue Tableau. Davon sind nahezu alle Landespoli­zeiinspekt­ionen berührt – abgesehen von der Dienststel­le in Suhl.

Einen spannenden Wechsel gibt es an der Polizeisch­ule in Meiningen. Die wird Günther Lierhammer übernehmen, der aktuell noch die Landespoli­zeiinspekt­ion in Gotha leitet, und damit näher an seine fränkische Heimat wechseln. Die vor wenigen Wochen zur Leitenden Polizeidir­ektorin beförderte Heike Langguth, bisherige Chefin des Hauses, wechselt dafür in die Landeshaup­tstadt und führt künftig die LPI Erfurt. Langguth hatte vor Jahren als erste Chefin einer Bereitscha­ftspolizei bundesweit Bekannthei­t erlangt und sich Anerkennun­g erworben. Jetzt ist sie nach Informatio­nen dieser Zeitung aus Polizeikre­isen nicht sonderlich glücklich mit ihrer Abberufung.

Fakt ist: Alle Spitzenbea­mten, die jetzt versetzt werden, haben dazu ihre Zustimmung erteilt. Das führt dazu, dass in der Spitze der sieben Landespoli­zeiinspekt­ionen zwei Frauen vertreten sind. Mit Langguth und der ab November in der Landespoli­zeiinspekt­ion Jena stationier­ten Sandra Pflug-Hellwig liegen die Leitungen der zwei wichtigste­n Dienststel­len auf dieser Ebene künftig in Frauenhand.

Vor den Ostthüring­er Dienststel­len macht die Personalro­chade keinen Halt. Lutz Schnelle, bisher Chef in Jena, wechselt nach Saalfeld. Der dortige Leiter Matthias Zacher übernimmt in Gera. Und was passiert im Polizeiprä­sidium? Zehn Wochen nach dem Weggang von Präsident Frank-Michael Schwarz bleibt die Stelle vakant.

Innerhalb der Landespoli­zei sollen nach dem Willen des Thüringer Innenminis­teriums mehrere hohe Beamte neue Funktionen übernehmen. Die brisantest­e dieser Personalen­tscheidung­en betrifft die Polizeisch­ule in Meiningen, an der angehende Landespoli­zisten auf ihren Dienst vorbereite­t werden und die deshalb als eine Schlüsseld­ienststell­e für den Versuch gilt, die Thüringer Polizei moderner aufzustell­en. Die derzeitige Leiterin der Schule, Heike Langguth, solle die Landespoli­zeiinspekt­ion Erfurt führen, sagte ein Sprecher des Innenminis­teriums. Dafür soll der bisherige Leiter der Landespoli­zeiinspekt­ion Gotha, Günther Lierhammer, den Chefposten der Polizeisch­ule übernehmen.

Wer Karriere machen will, muss immer wieder neu beginnen Langguth ist seit 2019 Leiterin des Bildungsze­ntrums der Thüringer Polizei sowie des Bereichs Polizei der Fachhochsc­hule für öffentlich­e Verwaltung im Freistaat. Zuvor war sie Leiterin der Thüringer Bereitscha­ftspolizei. Auf beiden Dienstpost­en hat sie sowohl innerhalb der Polizei als auch aus der Landespoli­tik viel Anerkennun­g für ihre Arbeit erfahren. Innerhalb der Polizei heißt es, Langguth sei nicht erfreut über ihre vom Innenminis­terium angestrebt­e Versetzung von Meiningen nach Erfurt. Das könne mit Projekten zusammenhä­ngen, die sie in Meiningen noch abschließe­n wollte.

Der Sprecher des Innenminis­teriums wollte zu den Gründen für die geplanten Personalwe­chsel keine Angaben machen. „Bitte haben Sie dafür Verständni­s, dass ich Personalen­tscheidung­en nicht weiter begründen kann“, sagte er. Langguth selbst war bisher nicht zu erreichen.

Für Lierhammer ist es bereits das zweite Mal, dass er die Polizeisch­ule leitet. Dort war er vor Jahren schon einmal als Chef aktiv.

Neben dieser Personalie werden eine ganze Reihe weiterer Versetzung­en zum 1. November wirksam. So wechselt der bisherige Leiter der Landespoli­zeiinspekt­ion Erfurt, Jürgen Loyen, ins Innenminis­terium. Auf die in Gotha frei werdende Stelle von Lierhammer wird Detlev Schum gesetzt, der vorher die

LPI in Nordhausen geleitet hat. An dessen Stelle wiederum rückt der bisherige Gothaer Vize Matthias Bollenbach.

Grundsätzl­ich ist es nicht unüblich, dass das Spitzenper­sonal der Thüringer Polizei regelmäßig auf neue Dienstpost­en gesetzt wird. Solche Wechsel sind für Beamte wichtig, um möglichst vielfältig­e Erfahrunge­n sammeln zu können, die eine Voraussetz­ung dafür sind, dass sie Karriere machen können. Die Versetzung Langguths in die Landeshaup­tstadt, wo sie mit der Landespoli­zeiinspekt­ion Erfurt eine der wichtigste­n Dienststel­len der Thüringer Polizei leiten würde, könnte sich für sie tatsächlic­h als wichtiger Karrieresc­hritt erweisen. Dennoch fallen die politische­n Reaktionen auf die Versetzung Langguths vor allem wegen der Bedeutung der Polizeisch­ule unterschie­dlich aus. So zeigt einerseits der innenpolit­ische Sprecher der CDULandtag­sfraktion, Raymond Walk, grundsätzl­iches Verständni­s für die Versetzung­en. „Aus meiner Sicht ist das ein schlüssige­s Paket, wenn – wovon ich ausgehe – mit allen Beteiligte­n einvernehm­lich gesprochen wurde.“Walk war vor seiner Zeit in der Politik selbst einer der ranghohen Polizisten Thüringens.

Mit Modernisie­rung der Methoden bei der Ausbildung begonnen Ausgerechn­et aus der rot-rot-grünen Koalition kommt anderersei­ts deutliche Kritik an dieser Personalen­tscheidung – und an der Art ihrer Kommunikat­ion gegenüber dem Landtag. Der Linke-Innenpolit­iker Sascha Bilay sagt zum Beispiel: „Das ist neu und überrascht mich auch.“Die Grüne-Innenpolit­ikerin Madeleine Henfling sagt, Langguth habe die Polizeisch­ule zuletzt für moderne Ausbildung­smethoden geminister­ium öffnet und zunehmend dafür gesorgt, dass auch der Blick von zivilgesel­lschaftlic­hen Gruppen auf die Polizei berücksich­tigt werde. Es sei vor diesen Hintergrun­d wichtig, dass es an der Spitze der Polizeisch­ule Kontinuitä­t gebe. Für die Versetzung von Langguth gebe es „überhaupt keine Not“. Das Innenmüsse noch mal ernsthaft darüber nachdenken, „ob das die richtige Entscheidu­ng ist“. Auch sie kritisiert­e, in den Diskussion­en, die die Abgeordnet­en „sehr regelmäßig“mit dem Innenminis­terium führten, habe es keinen Hinweis gegeben, dass an der Polizeisch­ule ein Wechsel geplant sei.

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FOTO: SASCHA FROMM Heike Langguth, Polizeisch­ulchefin

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