Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Gerichtsvollzieher leben immer gefährlicher
Verband beklagt vermehrte Angriffe. Digitalisierung als neue Herausforderung
„Jeder Tag an dem kein Notruf abgesetzt wurde und keine Weste ausgetauscht werden musste, weil sie zerstochen oder zerschossen wurde, ist ein guter Tag.“Jana Weber bringt am Freitag im Beisein von Justizminister Dirk Adams (Grüne) die Gefahren ihres Jobs auf den Punkt. Sie ist die Landesvorsitzende des Deutschen Gerichtsvollzieher Bundes Thüringen.
Ihre 106 Kolleginnen und Kollegen, die Mehrzahl sind Frauen, hat Thüringen vor zwei Jahren mit Schutzwesten und Notrufern ausgestattet, weil immer öfter Zwangsräumungen oder Pfändungen eskalieren. Im Vorjahr ergaben 227 Abfragen
von Gerichtsvollziehern bei der Polizei, ob von Personen, denen Räumungen oder Pfändungen drohen, eine Gefahr ausgehe, in 117 Fälle eine positive Bewertung, erklärt Minister Adams, auf dem Landesverbandstag in Friedrichroda. In solchen Fällen biete die Polizei ihre Unterstützung beim Vollzug der geplanten Maßnahmen an. Während der Pandemie seien im Vorjahr bei Hausbesuchen die gesundheitlichen Gefahren hinzugekommen.
Aktuell beschäftigt die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher die Digitalisierung bei der Justiz. An den ersten Thüringer Gerichten ist die elektronische Akte eingeführt worden. Dieser Prozess stellt die selbstständig arbeitenden
Gerichtsvollzieher vor besondere Herausforderungen: Wie müssen künftige Dokumente oder Unterlagen eingescannt werden, damit sie authentische sind, wie sind Akten zu führen und wo werden diese gespeichert und archiviert. Mit welchen Programmen, Cloudlösungen und Kommunikationsverfahren werden Dokumente erfasst und rechtssicher verschickt. Alles Fragen, die Justizminister Adams und die Präsidentin des Oberlandesgerichts, Jena, Astrid Baumann, gestellt wurden.
Vielen der Herausforderungen versuchten die Experten gerade zu lösen. Denn zu Beginn des neuen Jahres soll der nächste Digitalisierungsschub erfolgen.