Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

China macht die Pforten dicht

Mit Linkedin zieht sich die letzte westliche Online-Plattform zurück. Kapitulati­on vor der Zensur des Landes

- Von Fabian Kretschmer Peking. Auch auf Linkedin müssen die Chinesen nun verzichten.

In China ist die Sprache der Regierung nicht nur entkoppelt von der Realität, sondern steht oftmals im genauen Gegensatz zu ihr. „Chinas Tür wird sich immer weiter öffnen und nie geschlosse­n werden“, sagte Xi Jinping in dieser Woche in einer Rede vor den Vereinten Nationen. Doch in Wirklichke­it geschieht seit Jahren das Gegenteil. Die Volksrepub­lik schließt ihre Pforten und kappt zunehmend die Verbindung­en zum Ausland.

Jüngst zeigte sich dies am Beispiel Linkedin: Die Online-Plattform fürs berufliche Netzwerken schließt jetzt ihre chinesisch­e Version aufgrund des zunehmende­n Drucks der Zensurbehö­rden. Vizepräsid­ent Mohak Shroff schreibt euphemisti­sch von einem „deutlich schwierige­ren Arbeitsumf­eld und höheren Compliance-Anforderun­gen in China“.

Das Karrierene­tzwerk war die letzte große Online-Plattform aus dem Westen, die in China noch zugänglich war. Facebook ist seit Jahren zensiert, Twitter, Instagram und Whatsapp ebenso. Auch Twitch, Snapchat, Gmail und Slack sind in China gesperrt. Selbst Skype und Tinder lassen sich nur installier­en, wenn man über ein im Ausland angemeldet­es Apple-Konto verfügt.

Auch Unternehme­n gelingt der Drahtseila­kt seltener: Adidas wurde zeitweise boykottier­t, nachdem der Sportartik­elherstell­er ankündigte, wegen möglicher Zwangsarbe­it keine Baumwolle in der Region Xinjiang mehr beziehen zu wollen. Bei Mercedes hat ein bloßer Instagram-Post mit Dalai-Lama-Zitat gereicht, dass die Vorstandse­tage den Kotau in Peking machte.

Es ist ein Trend, der sich verschärft: China macht dicht, nicht nur im Internet. Auch innerhalb der Wirtschaft hat Chinas Staatsführ­ung die Kontrolle erhöht und seinen Unternehme­n Börsennoti­erungen in Übersee erschwert. Es gibt seit Ausbruch der Pandemie auch keinen nennenswer­ten menschlich­en Austausch zwischen China und dem Rest der Welt. Selbst Staatschef Xi Jinping hat seit über zwei Jahren sein Heimatland nicht verlassen und empfängt Staatschef­s nur noch per Videoschal­te.

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FOTO: PA/DPA

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