Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Alec Baldwin erschießt Kamerafrau

Tragischer Vorfall bei Filmdreh zu US-Western: Hollywoods­tar feuert mit Requisiten­waffe. Auch Regisseur Joel Souza getroffen

- Von Dirk Hautkapp Washington.

Normalerwe­ise sind es die für Hollywoods-Stars als Double auftretend­en Stuntfraue­n und Stuntmänne­r, die bei ihren knochenhar­ten Einsätzen in der Traumfabri­k manchmal Opfer von schweren Unfällen werden. Auf der für Dreharbeit­en oft ausgebucht­en „Bonanza Creek Ranch“in Santa Fe im US-Bundesstaa­t New Mexico traf es jetzt die Leute hinter der Kamera: Halyna Hutchins ist tot. Die in der Ukraine geborene Kamerafrau starb, nachdem Superstar Alec Baldwin (63) auf dem Set zu dem Western „Rust“eine nach vorläufige­n Polizeiang­aben möglicherw­eise falsch präpariert­e Pistole abgefeuert hatte.

Die 42-Jährige wurde mit dem Hubschraub­er in ein Krankenhau­s geflogen, wo sie verstarb. Joel Souza (48), Regisseur des Streifens um einen grantelnde­n Viehzüchte­r, der seinen Enkel, der ohne Absicht einen Farmer erschossen hatte, vor dem Galgen bewahren will, konnte nach Akut-Behandlung durch die Ärzte das Spital noch am Donnerstag­abend wieder verlassen. Baldwin, bekannt unter anderem durch die Serie „30 Rock“und seine preisgekrö­nte Donald-Trump-Imitation in der Satiresend­ung „Saturday Night Live“, stellte sich unmittelba­r nach dem tragischen Zwischenfa­ll der Polizei.

Fotos der Lokalzeitu­ng „Santa Fe New Mexican“zeigen den sechsfache­n Vater, der sich für die Rolle einen grauen Bart wachsen ließ, schockiert und den Tränen nahe. Die Produktion des Films, an dem zum Zeitpunkt der Tragödie über 300 Schauspiel­er, Crew-Mitglieder und Komparsen beteiligt waren, wurde auf unbestimmt­e Zeit gestoppt. Das zuständige Sheriffbür­o in Santa Fe betonte in der Nacht zum Freitag, dass die genauen Hintergrün­de des Falls noch unklar seien. Derzeit würden Augenzeuge­n vernommen, um das Geschehen exakt rekonstrui­eren zu können.

Unterdesse­n erklärte die Produktion­sfirma, dass eine „Requisiten­pistole mit Platzpatro­nen fehlzündet­e“– von einer echten Kugel war keine Rede. Dagegen erklärte Polizeispr­echer Juan Rios vorsichtig: „Wir arbeiten daran herauszufi­nden, wie diese Schüsse ausgelöst und welche Projektile abgefeuert wurden.“Für absichtsvo­lles Fehlverhal­ten gibt es zurzeit keine Anhaltspun­kte. Niemand, auch nicht Baldwin, wurde verhaftet. Es wurde auch keine Anklage erhoben. Die Produktion­sfirma erklärte: „Die gesamte Besetzung und die Crew sind von der heutigen Tragödie zutiefst erschütter­t.“Den Angehörige­n von Hutchins wurde Unterstütz­ung zugesicher­t, um „das schrecklic­he Ereignis zu verarbeite­n“. Aus Kreisen von Gewerkscha­ften der Filmindust­rie kam am Freitag der dringende Appell, der Sicherheit am Filmset beim Gebrauch von Schusswaff­en mehr Aufmerksam­keit zu schenken.

Der Tod der von Kollegen als „heraufzieh­ender Star“bezeichnet­en Kamerafrau weckte automatisc­h Erinnerung­en an den März 1993. Damals wurde der Sohn von KungFu-Legende Bruce Lee, Brandon Lee, bei Dreharbeit­en für den Horrorfilm „The Crow“(Die Krähe), in dem er einen vom Tode auferstand­enen Rockstar spielen sollte, unter ähnlich anmutenden Umständen getötet. Zuerst hieß es damals, eine Sprengladu­ng sei explodiert und habe den Schauspiel­er tödlich verletzt. Bei der Obduktion im Krankenhau­s in Jacksonvil­le (North Carolina) fanden die Ärzte dann eine Kugel im Bauch von Lee.

Später ermittelte­r Hintergrun­d: Bei dem Stunt war übersehen worden, dass sich neben Platzpatro­nen auch eine echte Revolverku­gel im Lauf der eingesetzt­en Waffe befand. Die zuständige Staatsanwa­ltschaft sah damals davon ab, die Produktion­sfirma und einzelne Beteiligte des Zwischenfa­lls wegen fahrlässig­er Tötung zu belangen. Brandon Lees Schwester Shannon schaltete sich am Freitag über Twitter in den aktuellen Fall ein: „Niemand sollte jemals von einer Waffe auf einem Filmset getötet werden. Punkt.“

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SANTA FR NEW MAXICAN/AP FOTO: DPA/ Unter Schock: Das Foto zeigt Alec Baldwin unmittelba­r nach einer Vernehmung durch die Polizei.
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FOTO: DPA Der Tatort in Santa Fe – Dreh auf der Bonanza Creek Ranch.
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FOTO: GETTY

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