Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Heiter im besten Sinne
Reinhard Goebel dirigiert die Jenaer Philharmonie nach den Prinzipien der historischen Aufführungspraxis
Am vergangenen Freitag musizierte das Jenaer Philharmonische Orchester unter der Stabführung des international renommierten Dirigenten Reinhard Goebel, der seit Jahrzehnten als Spezialist für das Repertoire des 17. und 18. Jahrhunderts sowie als Vermittler der historischen Aufführungspraxis an moderne Symphonieorchester gilt. Unter seiner Leitung klangen Ouvertüre und Suite zur lyrischen Tragödie „Amadis auf Gaul“von Johann Christian Bach, dem „Londoner Bach“, frisch, spritzig, natürlich.
Nun folgte das Debüt von Benjamin Appl als „Artist in Residence“der Jenaer Philharmonie. Mit schlank geführtem Bariton sang er stilsicher und ausdrucksstark die Kantate „Pygmalion“von Johann Christoph Friedrich Bach, dem „Bückeburger Bach“. Es war eine Freude zu erleben, wie Benjamin Appl, die Streicher der Jenaer Philharmonie und Carlos Goikoetxea Cancho (Cembalo) unter Reinhard Goebel diese selten zu hörende Kantate mit Leben erfüllten. Allein durch seine makellose, nuancierte Stimmführung, durch Mimik und Gestik gelang es Benjamin Appl, die Sehnsucht des Bildhauers Pygmalion nach der von ihm geschaffenen Statue zum Ausdruck zu bringen. Pygmalion möchte sie lebendig vor sich sehen und von ihr geliebt werden. Ob das gelingt oder Imagination
bleibt, wird in feiner Schwebe belassen.
Vom „empfindsamen Stil“wechselten Solist, Orchester und Dirigent zu Domenico Cimarosas heiterem Intermezzo „Il maestro di capella“. Sie legten die authentisch orchestrierte Genfer Fassung aus dem Jahr 1815 zugrunde. Für die Jenaer Aufführung hatte Benjamin Appl eine deutsche Übersetzung angefertigt, die er mit musikalischem Humor und komödiantischem Esprit zu Gehör brachte. Wie er den „Kapellmeister alter Schule“verkörperte, der Flöten, Oboen, Hörner und Streicher schließlich zu einem „gelingenden“Ensemblespiel inspiriert, das war „giocoso“(heiter) im besten Sinne. Das Jenaer Publikum dankte mit lang anhaltendem herzlichen Beifall seinem „Artist in Residence“.
Zum Abschluss des Konzerts spielte das Orchester unter Reinhard Goebel Mozarts „Prager Sinfonie“sehr frisch, dynamisch und in zügigem Tempo. Die Interpretation von Mozarts im Jahr 1786 komponierter Sinfonie trug ganz die Handschrift des Dirigenten: energiegeladen im Kopfsatz, elegisch und rhythmisch prägnant im Andante und voller Rasanz im Finalsatz. Unter seiner Leitung fand das Jenaer Philharmonische Orchester zu einem von der historischen Aufführungspraxis inspirierten MozartKlang voller Lebendigkeit und Schönheit.