Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Lichtblick unterm Nachthimmel
Skispringerin Juliane Seyfarth hofft nach Gold und Silber auf einen Aufwärtstrend
Ein paar eingefleischte Skisprung-Fans hatten es sich – gut eingepackt zum Schutz vor der herbstlichen Frische nur knapp über dem Gefrierpunkt – in einem Campingstuhl gemütlich gemacht und beobachteten mit dem Fernglas die Szenerie ganz genau. So jedenfalls konnten sie den deutschen Stars noch näher sein und sahen, dass Karl Geiger am Schanzentisch der perfekte Absprung gelungen war.
„Ich bin sehr, sehr glücklich über diesen Titel. Bei solch einer starken Konkurrenz im eigenen Lager ist auch ein nationaler Erfolg etwas ganz Besonderes“, sagte Geiger. Der 28-Jährige war schon olympischer Silbermedaillengewinner und ist vierfacher Weltmeister. Deutscher Meister war er bislang erst einmal, nachdem er 2019 in Klingenthal triumphiert hatte: „Beide Sprünge waren sehr gut. Es läuft im Training immer besser.“
Fast hätte er beim Flutlichtspringen auf dem kleinen Bakken im Oberhofer Kanzlersgrund sogar den Rekord geknackt. Mit seinen
107,5 Metern im zweiten Durchgang verfehlte er nur knapp die
108,5 Meter, die dem Österreicher Maximilian Ortner im Februar beim FIS-Cup auf der RennsteigSchanze gelungen waren. Weil auf der Schanze eine Eisspur verwendet wurde, um die Bedingungen des Winters zu simulieren, hoben die Skispringer von der kleinen Anlage ab. Jene Schanzengeometrie also, die Michael Eisenbichler nicht so entgegenkommt. Der Titelverteidiger
musste sich diesmal mit Rang fünf begnügen. Mit einem Rückstand von 13,3 Punkten holte Stephan Leyhe aus Willingen Silber, Constantin Schmid (WSV Oberaudorf) wurde Dritter. Geiger komplettierte die erfolgreichen Meisterschaften mit Team-Gold für Bayern an der Seite von Schmid, Pius Paschke und Philipp Raimund.
Bereits ihren sechsten Meistertitel eroberte derweil Katharina Althaus (Oberstdorf), die auf 100,5 und 95,5 Meter kam. Dass Lokalmatadorin Juliane Seyfarth vom WSC 07 Ruhla mit Weiten von 94,5 und 99 Meter überzeugen konnte und Zweite wurde, freute auch den seit dieser Saison amtierenden Bundestrainer. „Juliane ist auf einem guten Weg. Vor allem ihr zweiter Sprung war wirklich gut“, sagte Maximilian Mechler und wertete die Leistungen nach einer enttäuschenden Saison für die Thüringerin nun als hoffnungsvollen Lichtblick unter dem Oberhofer Nachthimmel.
Obwohl Luisa Görlich (WSV 08 Lauscha) und ihre Vereinskollegin Pauline Hessler auf den Plätzen vier und fünf schon deutliche Rückstände aufwiesen, dürften sie wieder zum Aufgebot gehören. Seyfarth und Görlich holten sich am Sonntag noch den Team-Titel ab.
Für das Thüringer Trio beginnt im November indes ein ganz besonderer Winter. Neben den Olympischen Winterspielen in Peking als Höhepunkt wartet nicht nur eine Saison mit so vielen Springen wie nie. Am 12./13. März feiern die Frauen auch noch auf der Oberhofer Anlage ihre Weltcuppremiere.