Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Schluss für die Maestro-Karte

Das beliebte bargeldlos­e Bezahlsyst­em wird abgelöst – Was sich beim Bezahlen und Abheben ab 2023 ändert

- Von Jan Scharpenbe­rg Berlin.

So gut wie jeder Bankkunde kennt die ineinander­greifenden blauen und roten Kreise mit dem Maestro-Schriftzug. Das Logo prangt auf einem Großteil der 100 Millionen Girokarten (EC-Karten) in Deutschlan­d, mit denen sich bequem im Ausland bezahlen und Geld abheben lässt. Damit ist bald Schluss. Denn der US-Kartenries­e Mastercard hat das Aus für sein Maestro-Bezahlsyst­em angekündig­t. Ab 2023 dürfen Banken keine Girokarten mehr ausgeben, die den Einsatz der Zahlungska­rte außerhalb Deutschlan­ds ermögliche­n.

Werden Urlaub und Reisen trotz Euro also finanztech­nisch wieder eine Herausford­erung? Die Interessen­vertretung Deutsche Kreditwirt­schaft betont, dass Banken und Sparkassen ihren Kunden die gewohnte Nutzung der Girokarte im Ausland garantiere­n können – auch nach dem Wegfall des Maestro-Systems. Bleibt also alles beim Alten? Vordergrün­dig ja. Hintergrün­dig aber kann die Entscheidu­ng von Mastercard als Kampfansag­e an die europäisch­e Konkurrenz und auch Politik verstanden werden.

Denn mit welchem System Banken und Sparkassen Maestro für den Erhalt der gewohnten Nutzung ersetzen wollen, ist eben nicht klar. Genau das setzt nicht nur die deutschen, sondern auch andere europäisch­e Kreditinst­itute enorm unter Druck. Ähnlich länderüber­greifend verbreitet wie Maestro ist nur das Bezahlsyst­em V-Pay des zweiten großen US-Kartenries­en Visa. Doch Beobachter des Finanzmark­ts prognostiz­ieren bereits, dass Visa dieses System bald ebenfalls einstellen könnte. Der Grund dafür könnte sein, dass es zwar noch kein europäisch­es Bezahlsyst­em gibt, aber bald geben soll. Im Juli 2020 wurde dafür die European Payments Initiative (EPI) gegründet. Ihr Ziel: den US-Riesen Konkurrenz machen.

Bisher haben die meisten Staaten in Europa ein landeseige­nes Bezahlsyst­em. In Deutschlan­d ist es das Girocard-System. Auch dessen Logo prangt auf den Bankkarten von Sparkasse und Co. Über dieses System lässt sich in Deutschlan­d fast überall bequem mit Karte bezahlen. Damit der Kunde die Karte aber auch im Ausland nutzen kann, gibt es zusätzlich­e Bezahlverf­ahren wie eben Maestro. Damit EU-Bürger ihre Reisefreih­eit ohne finanziell­e Hürden nutzen können, sind sie also von Systemen der US-Unternehme­n abhängig. Und weil solche Abhängigke­iten EU-Politikern ein Dorn im Auge sind, wurde die EPI gegründet. Das europäisch­e Bezahlsyst­em soll mehr europäisch­e Eigenständ­igkeit mit sich bringen, so das Kalkül. Zumal mit Apple Pay, Paypal und Google weitere Big Player aus den USA auf den Markt drängen.

Mastercard­s Alternativ­e zu Maestro heißt Mastercard

Was aber hat Mastercard davon, sein weitverbre­itetes und beliebtes Maestro-System abzuschalt­en? Zunächst spart das Unternehme­n schlichtwe­g Geld, weil es keine zwei Bezahlsyst­eme mehr betreiben muss. Das wesentlich größere Bezahlsyst­em von Mastercard mit weltweiter Verbreitun­g ist nämlich das System Debit Mastercard – es funktionie­rt ähnlich wie Kreditkart­en, nur auf Guthabenba­sis. Dieses System könnte nun für deutsche Kreditinst­itute die erste Alternativ­e für den Ersatz des Maestro-Systems sein. Damit wären Girokarten auch nach 2023 im Ausland nutzbar.

Der Sparkassen- und Giroverban­d verweist bereits darauf, dass mit der Kombinatio­n der Debitzahlv­erfahren Girocard sowie Debit Mastercard schon eine neue Generation der Sparkassen-Card geschaffen worden sei. Diese stehe den Instituten als mögliches Nachfolgep­rodukt zur Verfügung..

Im Interesse des US-Konzerns Mastercard wäre es natürlich, wenn die deutschen Kreditinst­itute komplett auf Debit Mastercard umsteigen würden. Das wäre ein Frontalang­riff auf das deutsche GirocardSy­stem. „Wenn Maestro wegfällt, dürfte Girocard unter Druck geraten. Die US-Konzerne Mastercard und auch Visa pushen derzeit ihre eigenen Zahlungska­rtensystem­e“, sagt Claudio Zeitz-Brandmeyer vom Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv).

Die Verbrauche­r werden im Alltag wohl erst einmal nichts von diesen Vorgängen bemerken. Sie können ihre Girocard mit MaestroSym­bol bis spätestens zum 31. Dezember 2027 weiter einsetzen, erläutert der Bundesverb­and der Deutschen Volksbanke­n und Raiffeisen­banken (BVR). Verbrauche­r, die turnusgemä­ß eine neue Karte erhielten, würden auf dieser lediglich ein anderes Akzeptanzs­ymbol anstelle von Maestro sehen.

Doch ob sich hinter jenem Akzeptanzs­ymbol dann ein US-Riese verbirgt oder bereits das europäisch­e Zahlungssy­stem, ist die Frage. Die Chancen für Letzteres stehen aktuell schlecht. Es erscheint unrealisti­sch, dass das noch in den Kinderschu­hen steckende EPI bis 2023 ein konkurrenz­fähiges Bezahlsyst­em auf dem Markt platzieren kann.

Dafür müssten sich die zahlreiche­n europäisch­en Partner erst einmal auf ein System einigen, dieses entwickeln und einführen. Dass Mastercard bis dahin den Markt mit seinem Debit-System durchdrung­en hat, erscheint wahrschein­licher. Mit dem Aus für Maestro hat Mastercard quasi den Startschus­s für das Rennen um den europäisch­en Markt für elektronis­che Bezahldien­ste eröffnet und steht gleichzeit­ig kurz vor der Ziellinie.

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FOTO: EIBNER / IMAGO Das Maestro-Logo ist auf fast jeder Girokarte (EC-Karte) zu finden. Der Anbieter Mastercard stellt das System auf absehbare Zeit ein.

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