Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Im Nachhaltigkeitspreis-Finale
Jeder kann abstimmen und „HeatResilientCity“-Forschung den Siegertitel bringen
Für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis überhaupt nominiert zu sein, ist bereits eine hohe Anerkennung für die Arbeit des Projektteams, findet Heidi Sinning. Jetzt hänge es vom Abstimmungsverhalten ab, ob die Erfurter am Ende nicht nur als Finalisten, sondern als Sieger im Wettbewerb durchs Ziel gehen, wie die FachhochschulProfessorin und Leiterin des Instituts für Stadtforschung, Planung und Kommunikation (ISP) sagt. „Bitte klicken Sie für uns!“, appelliert sie nicht nur an Studierende.
Wie lassen sich dicht bebaute Stadtquartiere und die dort lebende Bevölkerung nachhaltig vor Sommerhitze schützen? Dieser Frage widmet sich seit vier Jahren das Projekt „HeatResilientCity“(deutsch: hitzeangepasste Stadt), an dem sich Erfurt beteiligt. Lang anhaltende Hitzewellen wie in 2018 bis 2020 werden neben Starkregen in der Zukunft eine der großen Herausforderungen für die Stadtentwicklung sein. Was können Städte, die Wohnungswirtschaft, aber auch die Bevölkerung tun? Antworten suchen Wissenschaftler zusammen mit den Landeshauptstädten Erfurt und Dresden.
Und weil die Untersuchungen innovativ, die Einbindung der Bevölkerung vor Ort vorbildlich war, wurde das Projekt von einer hochkarätigen Expertenjury für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Forschung 2022 nominiert. Nicht zuletzt auch, weil erste Maßnahmen auf Grundlage der Forschungsergebnisse schon eine praktische Umsetzung erfahren haben. „Rund 800 Bewohner wirkten beispielsweise zur Hitzeanpassung am Leipziger Platz im letzten Jahr über eine Online-Beteiligung mit“, freut sich Heidi Sinning. In der Erfurter Oststadt sorgen 50 neue klimaangepasste Bäume und Sträucher für mehr Schatten und Abkühlung. Außerdem wurden Trinkwasserstationen eingerichtet, eine Blühwiese angelegt sowie Baumpatenschaften und Bewässerungsinitiativen gestartet. Konzepte und Vorschläge zur hitzeangepassten Umgestaltung der Kita Weltentdecker und des Leipziger Platzes liegen vor, die in den kommenden Jahren in die Umsetzung gelangen sollen.
Besonderer Fokus auf Bedürfnisse älterer und kranker Menschen
In ihrer Begründung zur Nominierung würdigt die Jury den Fokus auf die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner und insbesondere betroffener Gruppen, zum Beispiel älterer und kranker Menschen. Die Breite der Forschungsdisziplinen ebenso wie die Vielfalt der bisherigen Umsetzung in den Quartieren spiegele die Breite der Handlungsbedarfe wider und trage so zur Bewusstseinsbildung für das Thema bei. „Schließlich handelt es sich um ein Dauerthema“, wie Heidi Sinning sagt, das nicht mit dem Ende der Projektförderung ende.
Auch daher setze das Forschungsteam auf Multiplikatoren: Bis Januar 2023 steht nun das Thema Weiterbildung im Mittelpunkt. Beschäftigte von Verwaltungen, der Wohnungswirtschaft und des Gesundheitswesens werden zum Thema Hitzeanpassung geschult. Außerdem werden Werkzeuge und Entscheidungshilfen für die Stadt- und Freiraumplanung sowie die Bürgerschaft erarbeitet.
Mit dem Erfurter Projekt sind weitere Forschungen zur Anpassung
an den Klimawandel im Finale: „Grüne Stadt der Zukunft“sucht in München nach Möglichkeiten für leistungsfähige grüne Infrastrukturen in Sachen Klimaschutz. Dritter im Finale: Das Projekt „Lokale Kompetenzentwicklung für Klimawandelanpassung in kleinen und mittleren Kommunen und Landkreisen“kurz „LoKlim“, das in Baden-Württemberg nach Handlungsansätzen sucht, wie man sich trotz geringer finanzieller und personeller Ressourcen dem Klimawandel entgegenstellen kann. Die drei Finalisten werden am 2., 3. und 4. November in der Sendung „nano“auf 3sat vorgestellt.