Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Nicht mehr so musterhaft

- Klare Kante Steffen Eß über Zündstoff für eine neue alte Debatte Kontakt

Das hat der Fußball-Bundesliga gerade noch gefehlt, dem Sport und dem gesamten Land.

Man darf annehmen, dass Profifußba­ller Joshua Kimmich um die Dynamik weiß, die Worte am Mikrofon entwickeln können. Durch sein aufrichtig wie aufrecht wirkendes Bedenken-Bekenntnis hat er eine Lawine in Gang gesetzt, die vielleicht schwer zu stoppen ist.

Deren gefährlich­e Wirkung entfaltet sich weniger in dem Tatbestand, dass der Bayern-Star persönlich­e Ablehnung gegenüber dem Impfen äußert, auch wenn seine Gründe dafür von Unwissen getragen sind. Er befeuert eine Debatte, die das Land seit Monaten fest im Griff hat und tief spaltet.

Es geht darum, wie weit das Leben beschnitte­n werden darf und wer den Preis dafür bezahlt.

Der überwiegen­de Teil der Bevölkerun­g versucht, Freiheiten zurückzuge­winnen, indem es Immunität durch Impfschutz aufbaut. Ein Teil aber beanspruch­t dieselben Freiheiten. Nur einen Piks, den sollen sich bitte die anderen abholen.

Die Zerrissenh­eit kommt zigfach in Familien vor. Durch die Äußerungen des Nationalsp­ielers geht es im Kern nun auch um die Frage, wie privat es sein kann, sich in solchen Zeiten wie diesen fürs Impfen oder eben dagegen zu entscheide­n. Und auch darum, ob es FußballBun­desligiste­n moralisch zusteht, Personen mit Tests den Stadionzut­ritt zu verwehren, wenn die eigenen Spieler die Ausnahme bilden.

Joshua Kimmich kann genauso frei wählen, wie es Ottonormal­verbrauche­r darf. Das Bild des Musterprof­is erscheint im Wissen um die Vorbildwir­kung aber durch seine skeptische Haltung nicht mehr so musterhaft.

Und sie liefert den Funken, dass Diskussion­en um Sonderrech­te des Fußballs wieder groß aufflammen.

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