Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Schlappe für Ex-Awo-Manager
Landgericht weist Klage gegen fristlose Kündigung ab. Hack will in Berufung gehen
Das Urteil war ebenso wenig eine Überraschung wie das Fernbleiben aller Prozessbeteiligten: In einem ausschließlich mit Medienvertretern besetzten Saal ist am Mittwoch am Landgericht Erfurt die Klage des vor 14 Monaten fristlos gekündigten Geschäftsführers der Thüringer ArbeiterwohlfahrtTochter AJS gegen seine Entlassung als unzulässig abgewiesen worden.
Lars Schmidt, Vorsitzender Richter, begründete das Urteil damit, dass Ex-Awo-Manager Michael Hack (64) die falsche Partei beklagt hat: Statt gegen die neue Geschäftsführung der Awo Alten-, Jugendund Sozialhilfe (AJS) gGmbH hätte die Klage gegen deren Aufsichtsrat gerichtet sein müssen. Laut Satzung kann der AJS-Aufsichtsrat zwar die Prozessführung einem anderen Organ – etwa der Geschäftsführung – übertragen. Da das aber nie geschah, wäre der Aufsichtsrat der korrekte Adressat gewesen.
Doch obwohl das Gericht Hacks Anwalt Carsten Sewtz bereits vor dem Prozessauftakt am 29. September schriftlich auf diesen Umstand aufmerksam hinwies, korrigierte sich Hacks Anwalt nicht. Auch nicht, nachdem Schmidt zum Prozessauftakt erneut auf den Fehler aufmerksam machte und Zeit für eine Korrektur einräumte.
Die Gründe für die fristlose Kündigung, von denen aus Sicht der Wirtschaftskanzlei Bette Westenberger Brink jeder einzelne den Rauswurf gerechtfertigt hätte und die von unberechtigter Inanspruchnahme von Urlaub bis zu einer Firmenkreditkarte reichen, spielten folglich in dem Verfahren vorerst keine Rolle.
Die gerichtliche Auseinandersetzung ist damit allerdings noch nicht zu Ende: Auf Nachfrage kündigte Hacks Anwalt an, Berufung einzulegen. Sewtz hatte zunächst auch das falsche Gericht angerufen: Statt bei der zuständigen Kammer für
Handelssachen am Landgericht reichte er die Klage beim Arbeitsgericht ein. Dieses beraumt zwar Gütetermine in der Regel schneller an, wie sich Kläger von diesem Gericht auch eine Art Sozialbonus erhoffen. Doch da der Geschäftsführer eines Unternehmens mit rund 200 Einrichtungen und mehr als 5000 Mitarbeitern kein normaler Arbeitnehmer ist, war das Arbeitsgericht nicht zuständig.
Vor knapp zwei Jahren hatte diese Zeitung aufgedeckt, dass sich ExAJS-Chef Michael Hack nicht nur ein Gehalt von rund 25.000 Euro im Monat zahlen ließ, das dem Unternehmenskodex des Wohlfahrtsverbandes zuwiderlief. Sie deckte auch ein von Hack geschaffenes System gegenseitiger Abhängigkeiten auf, das es ihm ermöglichte, sein Gehalt, eine völlig überzogene Altersteilzeitregelung und weitere Annehmlichkeiten quasi selbst festzulegen.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe ordnete der Awo-Bundesverband eine Prüfung an, die diese Sachverhalte bestätigte. In der Folge stellten die AJS-Gesellschafter Michael Hack und den zweiten Geschäftsführer Achim Rieß am 19. Juni
2020 frei, am 10. August 2020 folgte Hacks fristlose Kündigung. Im Zuge dieses Skandals traten zahlreiche Mitglieder des Awo-Landesvorstandes und auch des Erfurter Awo-Kreisvorstandes zurück. Im Dezember 2020 nahm zudem die Staatsanwaltschaft Mühlhausen Ermittlungen auf.
Ungeachtet des noch nicht abgeschlossenen Verfahrens plant die Awo AJS eine Widerklage, um von Michael Hack fast eine Million Euro Schadensersatz zu fordern. Allein durch die eigenmächtige Kündigung des ehemaligen AJSProkuristen soll der Awo-Tochter ein Schaden von etwa 280.000 Euro entstanden sein. Hinzukommen bauliche Projekte, die Hack ohne Rücksprache im eigenen Haus und ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den Weg gebracht haben soll. So plante er in Schmölln und Altkirchen die Errichtung von zwei Sozialzentren, bestehend aus jeweils einem Kindergarten und zwei Wohngemeinschaften für Senioren. Nach Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Hinweisen der Kommunalaufsicht nahm die Stadt Schmölln davon aber Abstand.