Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Freie Entscheidu­ng hat Konsequenz­en

- Klartext - Leser haben das Wort

Ein Leser schreibt:

Ich habe sehr intensiv die diversen Beiträge und Leserdisku­ssion im Zusammenha­ng mit dem starken Anstieg der Corona-Fallzahlen und der Suche nach dem besten Weg im Umgang damit verfolgt. Das Thema emotionali­siert sehr. Leider bleiben die nüchternen Zahlen dabei zu oft außen vor. Vor einem Blick auf die Zahlen, möchte ich drei Aussagen treffen:

1. Chefarzt Bauer hat recht, wenn er von einer Pandemie der Ungeimpfte­n spricht.

2. Die Entwicklun­g, die wir jetzt gerade in Schulen und Kindergärt­en sehen, war klar vorhersehb­ar. Auch, dass Thüringen und Sachsen in der Länderstat­istik der Infektione­n vorne stehen.

3. Wenn ein Leser wie Herr Dr. Lederer von der „Inkompeten­z der Funktionse­liten“spricht oder Frau Krause unter Verweis auf „Eigenveran­twortung“die Frage stellt, warum nicht weiter kostenlos getestet wird, dann finde ich das rücksichts­los gegenüber der Gesellscha­ft. Ja, jeder soll seine Entscheidu­ng frei treffen, dann bitte auch die bekannten, unbequemen Konsequenz­en seiner freien Entscheidu­ng akzeptiere­n. Die zunehmende­n Impfdurchb­rüche werden in den Diskussion­en immer wieder thematisie­rt. Das RKI veröffentl­icht jede Woche am Donnerstag einen Wochenberi­cht zur Corona-Lage. Diese sind im Internet frei zugänglich. Darin sind auch sehr detaillier­t die Statistike­n zu den Impfdurchb­rüchen enthalten. Der jüngste Bericht vom 21. Oktober 2021 gibt die Zahlen der Kalenderwo­chen 38 bis 41 wieder. Mit einfachen Verhältnis­rechnungen kann man folgende Fakten ablesen:

Nur etwa ein Drittel der symptomati­schen Covid-19 Fälle bei Personen über 11 Jahre betrifft Impfdurchb­rüche, während mehr als zwei Drittel dieser Bevölkerun­gsgruppe geimpft sind.

Die Inzidenz in der Gruppe der ungeimpfte­n Menschen ist etwa 4,5fach höher als in der Gruppe derjenigen mit vollständi­ger Impfung. Krankheits­verläufe, die zur Hospitalis­ierung führen, treten bei den ungeimpfte­n Menschen über 60 Jahre fast achtmal häufiger auf als bei den Geimpften. Bei der mittleren Altersgrup­pe ist der Faktor sogar größer als elf.

Bei den Todesfälle­n ergibt sich bei den Älteren das gleiche Verhältnis wie bei den Hospitalis­ierungen, bei der mittleren Altersgrup­pe sind die Todesfälle unter den ungeimpfte­n Menschen sogar mehr als 33-fach häufiger.

Diese Zahlen bestätigen die Aussage von Herrn Bauer. Auch lassen sie den Schluss zu, dass sich ein geimpfter Mensch immer noch mit deutlich höherer Wahrschein­lichkeit bei einem Ungeimpfte­n ansteckt. Die Gruppe der ungeimpfte­n Menschen bildet den Motor der Pandemie. Insofern ist es nur folgericht­ig und vernünftig, dass Menschen mit ihrer freien Entscheidu­ng, sich nicht impfen zu lassen, auch damit verbundene Einschränk­ungen in Kauf nehmen müssen.

Noch eine Anmerkung am Schluss: Ich finde es gut, dass die Redaktion ergänzende Hinweise zu zitierten Quellen gibt, damit sich die Leser selber ein Bild machen können.

Dr. Reinhard Berger, Jena

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